Fräuleins in Uniform - Eine Armee Gretchen
(Ascot Elite)
Während der letzten Tage des Zweiten Weltkriegs entsendet das Reichskriegsministerium so genannte Blitzmädchen an die Front. Die hübschen jungen Damen sollen den kämpfenden Einheiten als Flakhelferinnen, aber auch anderweitig zur Hand gehen. Getreu dem Motto „der Führer braucht neue Soldaten“ zeigt sich die Gretchen-Armee wenig wählerisch und wirft sich jedem verfügbaren Landser sogleich an den Hals. Lediglich Eva und Marga teilen die Kriegs- und Paarungsbegeisterung ihrer Kameradinnen nicht im Geringsten. Schließlich wurden die beiden im Gegensatz zum Rest der Truppe nicht freiwillig, sondern zur Strafe gen Osten geschickt, da ihr Vater in seiner Funktion als Allgemeinmediziner zahlreiche Fräuleins durch die Musterung fliegen ließ und sie damit vorm Einsatz in, oder eben ohne Uniform rettete.
Kult-Schund-Filmer Erwin C. Dietrich packte 1974 ein damals vielleicht gar nicht so heißes Eisen an und wagte sich an einen deutschen Naziploitation-Film. Herausgekommen ist dabei allerdings lediglich eine Lederhosen-Klamotte vor pseudohistorischem Hintergrund. Die Ausstattung kann sich zwar allemal sehen lassen, doch ein ambitioniertes Drehbuch erwartet sicher niemand von einem Film mit dem Titel Fräuleins in Uniform – Eine Armee Gretchen. Der episodenhafte Verlauf lässt zu keiner Zeit auch nur im Ansatz den Verdacht auf eine in sich geschlossene Handlung aufkommen. Da werden nackte Mädchen medizinisch begutachtet, der Doktor, der deren Feuereifer nicht teilt und sie ausmustert, erhält Besuch von der Gestapo und landet selbst an der Front. Seine Töchter finden sich in einem Zug der Marke „Beine breit für den Endsieg“ wieder, und der Rest des Films könnte ebenso gut unter dem Titel Frontmädchen-Report oder In Stalingrad, da gibt’s koa Sünd firmieren. Sinn- und zusammenhangslose Nackedei-Szenen reihen sich aneinander, wobei der historische Kontext bereits durch den 70er-Matte-und-Schnörres-Look der vorgeblichen Wehrmachts-Soldaten ad absurdum geführt wird. Überhaupt werden nur gelegentlich kleinere Scharmützel eingestreut, die entfernt an so etwas wie Krieg erinnern. Der Fokus liegt weniger auf der militärischen Relevanz des Gretchen-Einsatzes, sondern mehr auf der Verknüpfung von Erotik und Nazi-Schick – oder zumindest dessen, was man anno ‘74 unter diesen beiden Begriffen zu verstehen pflegte – sowie einer Handvoll zotiger Kalauer im 3.-Reich-Jargon.
Wer das alles jetzt furchtbar ernst nehmen will, der wird Gründe genug finden, Fräuleins in Uniform mannigfaltigen Vorwürfen auszusetzen. Allen voran natürlich die Moralkeule, nach der sich heiter-harmlose Softsex-Spielchen unter keinen Umständen eine Bühne mit Weltkrieg, Holocaust und Völkermord teilen dürfen. Auch wurde dem Film zur Last gelegt, dass die Judenverfolgung nur mit einem einzigen Wort erwähnt wird und dass kaum eine der Figuren Angst und Schrecken verbreitet, dabei gehöre sich das bei derlei Filmen schließlich so! Nun ja, man darf sicherlich über die Qualität dieses Machwerks nachdenken und ganz sicher die Geschmacks-Frage stellen. Doch wer hier allen Ernstes eine Gefahr für die geistige Unversehrtheit erwachsener Menschen oder gar für die innere Sicherheit des Staates wittert, misst Dietrichs Film dann doch eine etwas zu große Bedeutung zu.
Weltverbessertum in allen Ehren, aber man muss sich auch mal über einen solchen, politisch nicht lupenreinen Stumpfsinn kaputtlachen dürfen. Wer mit derart dämlichen 70er-Exsessen nichts anfangen kann, macht gefälligst einen großen Bogen um den Film, alle anderen wird allein schon das Titellied (welches dem Titel kurioserweise noch ein „von“ spendiert) begeistern!
Ascot setzt dem Film ein silbernes beziehungsweise blaues Denkmal, denn die Bildqualität ist nochmal eine ganze Ecke besser geraten als die der alten Veröffentlichung. Der Ton, der in vier Sprachen vorliegt, erreicht ebenfalls Top-Niveau, und zur Freude der Fans fällt das Bonusmenü mit Audiokommentar, Darstellerinterview, Bildergalerie und Trailer verdammt üppig aus. Achtung: Dringender Kaufbefehl!
(mosher)