Steven Uhly - Death Valley
(Secession Verlag Berlin)
- zynischer, sarkastischer und verkopfter Roadtrip durch das Tal des Todes -
Nachdem seine Mutter und ihr Lebensgefährte Gerd bei einem Ausflug ins Death Valley zu Tode gekommen sind, muss sich der autofiktionale Schriftsteller Steven Uhly um die sterblichen Überreste seiner Mutter kümmern. Kurzerhand fliegt er parallel zu Hans Butt, dem Sohn von Gerd, in die USA und strandet kurzzeitig am Flughafen Washington-Dulles. Hier lernt er den 30 Jahre alten Richard "Richie" Becker und seine wunderschöne, zwei Jahre ältere Schwester Angela "Angie" Becker kennen. Genau Stevens Beuteschema. Auch die Beckers haben hier in den USA Erbschaftsangelegenheiten zu regeln. Nur in wesentlich größeren Dimensionen. Mehr so im Beherbergungssegment. Und so wird das "Findelkind" Uhly kurzzeitig zum Gast der Beckers in Suite 21, in deren Hotel in Las Vegas. Als bekennender Menschenfeind wirft der Autor gerne mal politisch unkorrekte und zeitgenössische Spitzfindigkeiten mit scharf- oder irrsinnigem Weitblick ein. Die Wendungs- und Wandlungsfähigkeit seiner geradezu philosophisch gearteten Rhetorik ist schon enorm und bemerkenswert. Steven Uhly jongliert mit gewissen Tabus, denen er sich lediglich gedanklich und in Textform, nicht aber im wahren Leben hingeben kann. So vögelt der verheiratete Lebemann, nach einem ausgiebigen und feuchtfröhlichen Abendessen Richies Schwester Angie, bis er sich am nächsten Tag in dessen Leihgabe, in Form eines finanziell und motormäßig völlig überdimensionierten Pick-ups, auf die Fahrt durch das Tal des Todes macht. Dabei trifft der Zyniker auf allerlei illustre Gestalten, wie auch auf Hans, dessen Leihwagen eine Panne hat. Und so wird aus den Erbschafts-Konkurrenten beinahe so etwas wie "bäst fränds". Dass die ganze Angelegenheit jedoch nicht so einfach ist, wie sie sich anfangs darstellt, dürfte allerdings jedem Leser klar sein.
Steven Uhly, der am 6. Juni 1964 erstmals das grelle Licht eines Kölner Kreißsaals erblickte, sagt in seinem neuesten Geniestreich "Death Valley" dem ideologischen Irrsinn dieser Welt den Kampf an. Das garniert der deutsch-bengalische Autor auf 303 Seiten in locker flockiger, wie geistreicher Manier und beißendem Sarkasmus. Dabei ist der zwanghafte Egomane und selbsternannte Misanthrop denkbar selbstkritisch, allerdings nur sich selbst gegenüber. Sozialkritisch ist er auch, dann aber gerne mit Außenwirkung. Uhly schreibt "Death Valley" in der Ich-Perspektive, als wäre er Teil seines eigenen Reiseberichts. Ein autobiografisch verfasster Roman also? Mitnichten! Der Egozentriker möchte lieber vernichten und (sich selbst) belügen und zerstören und wiedergutmachen und noch so vieles mehr, was ihm mit Bravour gelingt. Hierbei rubbelt er sich mal ironisch, mal widersprüchlich an Stereotypen satt, beurteilt Menschen gerne nach ihrem Äußeren und bedient auf diese wundersame Weise Klischees, Vorurteile und Ideologien. Gedankenprononciert, wenn nicht gar verkopft spielt der, von multiplen Phobien geplagte Autor erlesen, extrovertiert und humorvoll mit Sprache, mit seinem eingenisteten oder spontanen Gedankengut oder auch seinem jeweiligen Gegenüber. Und das ist genau mein Ding. Dieses niveauvoll-frivole jonglieren mit Wortmaterial, Syntax und Kontext. Als guter Beobachter seines Umfeldes nimmt Uhly selbiges nicht so richtig ernst und gerne mal auf die Schippe. Der Schriftsteller und Übersetzer, der heute mit seiner Familie in München lebt, geht mit sich und den gesellschaftlichen Konventionen (vor allen Dingen denen der bekloppten Amis) hart ins Gericht. Der an einer leichten Form der Schizophrenie leidende Protagonist (für alles hat er einen gedanklichen Trainer oder Zensor oder Beauftragte oder Kontrolleure) bläst den eigentlichen Minimalismus der Story bis zum Bersten auf. Den Weg zu sich selbst längst aufgegeben (für einen jugendlichen Selbstfindungstrip ist es für den 60-jährigen Uhly wohl zu spät), rechnet er stattdessen viel lieber mit dem Amerika unter Trump ab. "Death Valley" ist zwar nicht immer leicht zu lesen, doch wer auf humorvolle Geschichten voller Sarkasmus, Selbstzweifel, Wurzellosigkeit, Anpassungsschwierigkeiten, Menschenhass, politischer und psychologischer Kriegsführung steht, bekommt im Tal des Todes die volle Dröhnung. Hier ist eindeutig der Weg das angestrebte Ziel!
(Janko)
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Steven Uhly - Death Valley
Secession Verlag Berlin
Gesellschaftsroman / Autofiktion
ISBN: 978-3-96639-126-9
303 Seiten
Gebundene Ausgabe (genäht) ohne Schutzumschlag
Erscheinungstermin: 28.08.2025
EUR 22,00 Euro [DE] inkl. MwSt.
Weitere Formate:
ISBN eBook: 978-3-96639-127-6
Erscheinungstermin: 28.08.2025
EUR 22,00 Euro [DE] inkl. MwSt.
"Death Valley" beim Secession Verlag Berlin: https://secession-verlag.com/buecher/death-valley