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Heidenfest 2010

Heidenfest 2010

15.9.10 - Frankfurt, Batschkapp

 

Ein heidnischer Herbst war da auf Tour durch das Abendland – fünf teilweise recht unterschiedliche Bands hatten sich angekündigt und die Batschkapp war gut gefüllt, wenngleich nicht brechend voll, wie ich es eigentlich erwartet hatte. Einen Popularitätsabfall für den Pagan Metal würde ich trotzdem nicht verkünden, denn mit schwächeren Zuschauerzahlen müssen derzeit schließlich die meisten Bands leben. Obendrein war mal wieder ein überwiegend junges bis sehr junges Publikum erschienen, so daß von Nachwuchsmangel wohl kaum die Rede sein kann. Der alte Sack von Schreibknecht hob mit seinen Kollegen den Altersschnitt wahrscheinlich erst auf 20 an. Erste Reihe geentert, Kutte in Position gebracht, ab dafür.

 

 

images/live-pic/2012_10/Heidevolk.jpgHeidevolk

 

Der Startschuß fiel pünktlich um 19.00 Uhr mit dem Heidevolk aus den benachbarten Niederlanden. Offenbar verfolge ich die Pagan-Szene nicht mehr ernsthaft genug, denn mir war glatt entgangen, welchen Status die Band mittlerweile genießt. Das Publikum reagierte jedenfalls regelrecht euphorisch und sang mit, als hätte es die Werke der Flachländler zwei Wochen lang in Dauerrotation reingedrückt bekommen. Auch in Sachen Moshpit ging es schon gut zur Sache, was die Band natürlich noch mehr anstachelte. Eine saubere Performance ohne große Kritikpunkte, Heidevolk machen live immer Spaß. Die Songauswahl hielt gut die Waage zwischen alt und neu, zum Schluß gab’s den heimlichen Hit der Band, das mitreißende Normaal-Cover „Vulgaris magistralis“. Eine schöne halbe Stunde zum Auftakt.

 

 

Swashbuckleimages/live-pic/2012_10/Swashbuckle.jpg

 

Anschließend die einzige Truppe, die mir bislang nichts sagte. Wäre auch besser so geblieben. Zwei aufblasbare Palmen und ein überzogenes Piratenoutfit ließen schlimmes befürchten, was nach einem Technointro auch musikalisch bestätigt wurde. Standardgerumpel ohne irgendwelche halbwegs interessanten Ansätze hieß die Devise, braucht nun wirklich keiner. Die Fans sahen es anders, feierten ordentlich ab und folgten bereitwillig der Aufforderung des fetten Fronters zu Wall Of Death und Circle Pit – junge Wikinger wollen sich eben austoben. Für mich hingegen qualifizierten sich Swashbuckle als Piratenpendant zu den Grailknights: Kaschierung musikalischer Bedeutungslosigkeit durch ein derart dämliches Image, daß selbst Stefan Raab dagegen als Humorgott dasteht. In Sachen Piratenmetal halte ich mich da nebst den alten Running Wild-Scheiben lieber an Alestorm, auf Swashbuckle verzichte ich gerne.

 

 

images/live-pic/2012_10/Equilibrium.jpgEquilibrium

 

Gut angeheizt waren die Fans ja schon, aber der heimliche Headliner des Abends sorgte da nochmal für einen amtlichen Schub. Equilibrium wurden bereits beim Umbau auf der Bühne wild bejubelt, und als das Intro erklang, gab es kein Halten mehr. Der Einstieg mit „In heiligen Hallen“ entfesselte die komplette Batschkapp, es wurde gebangt, gemosht, gecrowdsuft, gestagedivet, was das Zeug hielt. Schön zu sehen, daß Equilibrium nichts von ihrer redlich verdienten Popularität eingebüßt haben. Die Band zeigte sich sichtlich angestachelt und spielfreudig, und der neue Fronter Robse (ein imposanter Hüne, der seine Zeit offenbar in erster Linie in Sonnenstudio und Muckibude verbringt) agierte gleichermaßen souverän und publikumsnah, als hätte er die letzten zehn Jahre nichts anderes gemacht. Also alles in Butter. Ist es eigentlich Zufall, daß mich Equilibrium bei jedem Gig (und davon habe ich mittlerweile einige erlebt) begeistern, als sähe ich sie zum ersten Mal? Verdammt nochmal nein, sie sind einfach eine Ausnahmeband, die regelmäßig 95% der Pagan-Szene mal eben an die Wand spielt und auch heute nicht enttäuschte.

Der Schwerpunkt der Songauswahl lag natürlich auf dem neuen Album, was man der Band nicht vorwerfen kann, schließlich will man die neue Scheibe promoten und das Material ist ja auch wirklich hochwertig, aber ich hätte mir doch noch etwas mehr alte Songs gewünscht, so gab es nur zwei von „Sagas“ („Blut im Auge“ und „Unbesiegt“) sowie zwei vom legendären Debut („Unter der Eiche“ und natürlich „Met“, welches Equilibrium vermutlich bis ans Ende ihrer Tage spielen müssen). Aber da müssen wir wohl warten, bis Equilibrium tatsächlich als Headliner durch die Lande ziehen und die Horden mit mehr Spielzeit beglücken können. Oder ist eine Band in diesem Alter, deren Debut gerade mal fünf Jahre zählt, bereits in der Not, für ihre Fans spezielle Klassiker-Shows spielen zu müssen? Ich sage dazu einfach mal ja, denn gerade „Turis Fratyr“ war ein wegweisendes Album, welches ausschließlich aus großartigen Songs besteht, von denen Equilibrium eigentlich keinen weglassen dürfen. So blieb es eine geile aber viel zu kurze Show einer Band, die ich vermutlich bis in alle Ewigkeit lieben werde. Hail!

 

 

Ensiferumimages/live-pic/2012_10/Ensiferum.jpg

 

Neben Equilibrium waren Ensiferum vermutlich die Hauptattraktion des Abends für das junge Publikum und wurden auch frenetisch begrüßt, aber das bayrische Metkommando hatte wohl doch nicht mehr so viele Kraftreserven übriggelassen, jedenfalls kam kaum noch ein Crowdsurfer daher und auch Moshpits und Headbangen waren nicht mehr so angesagt. Nichtsdestotrotz wurden die Finnen laut bejubelt, schließlich sind sie eine feste Größe im Folk/Pagan Metal und warten regelmäßig mit guten Alben und Touren auf. Scheint aber auch ein kleiner Nachteil zu sein, denn gerade Frontmann Petri „Heil“ Lindroos wirkte etwas unmotiviert und müde, spielte eher eine Pflichtvorstellung herunter und erging sich in nahezu identischen, lustlosen Ansagen („The next song is from the blablabla album, it’s called soundso.“). Seine Flügelstürmer zeigten da mehr Elan, insbesondere der Bassist ging ab wie ein Tier. Mit ihrem Material können Ensiferum nicht viel falsch machen, ein schwaches Album haben sie sich noch nicht geleistet, die bisherige Diskographie wurde weitgehend gleichberechtigt berücksichtigt, u.a. mit „Twilight tavern“, „Iron“, „Lai lai hei“, „Battle song“. War daher eine saubere Sache, aber ich habe schon bessere Auftritte von ihnen gesehen, oder konnten sie einfach nicht gegen die übermächtigen Equilibrium anstinken? Neuer Gig, neuer Versuch, irgendwann.

 

 

images/live-pic/2012_10/TwilightOfTheGods.jpgTwilight Of The Gods

 

Nach Ensiferum leerte sich die Batschkapp nicht unbeträchtlich. Zum einen mußte der Großteil des Publikums vermutlich am nächsten Tag früh in die Schule, zum anderen ist eine Bathory-Coverband vielleicht nicht unbedingt der ideale Headliner für eine Festivaltour. Aber da ich die letzten ausgedehnten Bathory-Welttourneen verpaßt hatte, war ich schon neugierig, was die Truppe da auf die Bühne stellen würde. Nun, von einer All-Star-Band kann man musikalische Kompetenz erwarten und wurde nicht enttäuscht, auch Fronter Alan machte seine Sache sehr gut. Im Gegensatz zu Primordial trat er ohne Schminke an, stattdessen mit schlichter Kleidung und Kopftuch, aber wie immer mit wilder Gestik und Mimik, als gelte es, einen Dramaturgiewettbewerb zu gewinnen. An ihm ist schon ein Schauspieler verlorengegangen. Gesanglich war er gut in Form und bringt mittlerweile auch hohe Töne sicher hervor. Tja und die Setlist? Zu meiner Freude konzentrierte man sich voll auf die epische Seite Bathorys und legte den Schwerpunkt auf den Jahrhundertklassiker „Hammerheart“, von dem gleich vier Songs gespielt wurden („Shores in flames“, „Valhalla“, „Father to son“, „Home of once brave“). Außerdem gab es noch „The sword“, „Under the runes“, „A fine day to die“ und als Abschluß des offiziellen Sets „Blood fire death“. Danach war für mich Schicht, Zugaben bekam ich nicht mehr mit. Zum einen mußte ich die Bahn erwischen, zum anderen bleiben Twilight Of The Gods halt doch eine Coverband, und dafür kann ich mich nicht so recht erwärmen. Obgleich es schön war, mal Bathory-Songs in dieser Qualität live zu hören, war es gleichermaßen unwirklich und befremdlich. Denn Bathory bringt man mit Livegigs so eng in Verbindung wie In Flames mit dem Keep It True, der Name Bathory steht bei mir für großartige Alben, ein heimisches Wikingerfest, nicht jedoch für Auftritte. Was man Twilight Of The Gods aber natürlich nicht vorwerfen kann. Sie machten ihre Sache auf jeden Fall gut und dem Namen Bathory Ehre.

 

Insgesamt war’s ein schöner Abend mit zwei guten Gigs, einer Hammershow, einem Totalausfall und einem etwas anderen Hauptact. Nächstes Jahr sind wir gerne wieder an Bord, und von mir aus können Equilibrium dann gerne einen dreistündigen Headlinerset spielen. Hoch die Hörner!

 

Bericht und Fotos: Till


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