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pharaoh-logoPharaoh aus den USA haben nunmehr ihr drittes Album veröffentlicht, welches bei uns auf großes Wohlgefallen stieß (siehe Review). Das Quartett bietet astreinen US Metal, der Anspruch und Melodie kongenial verbindet und auf zahlreichen Ebenen zu begeistern weiß. Nach Jahren hat die Truppe beim zehnten Keep It True endlich auch ihren Liveeinstand vollbracht, und da auch dies als Erfolg verbucht werden kann, haben sich Pharaoh sicherlich für ein Interview im Totentanz qualifiziert. Gitarrist Matt Johnsen stellte dabei gleich noch einen Rekord auf, als er die Antworten auf unsere Fragen noch am selben Tag zurückschickte! Lest also, was es aus der Welt der amerikanischen Pharaonen zu berichten gab.

 

 

 

Verglichen mit Control Denied klingt Tims Stimme heute irgendwie rauher, wie kommt das? Ist es eine Folge des Alterns, oder war das Absicht?

 

MJ: Es ist lustig, in Reviews sagen die Leute häufig „Tim klingt rauher als bei Control Denied“ ebenso wie „Tim singt etwas klarer als bei Control Denied“. Es heißt auch regelmäßig, daß er melodischer und weniger melodisch singen würde als bei der Zusammenarbeit mit Chuck. Ich glaube nicht, daß irgendjemand oder er selbst Tims Gesang absichtlich in die eine oder andere Richtung gedrängt hat. Zugegebenermaßen gefällt mir Tims Stimme besser, wenn er rauher singt, aber er singt so, wie er es für den Song am besten und für seine Stimme am gesündesten empfindet.

 

 

Die Gitarrenmelodien in den Songs sind wirklich erstaunlich. Sie scheinen manchmal mit dem Gesang um die Vorherrschaft in der Musik Pharaohs zu kämpfen. Stimmst du dem zu? Siehst du Pharaoh eher als gitarren- oder gesangsdominierte Band?

 

MJ: Ehrlich gesagt versuchen wir beides. Wenn ich Musik schreibe (und ich bin am ehesten derjenige, der die Gitarrenmelodien dazugibt), schreibe ich mit dem Willen, jedes einzelne Riff zu etwas zu machen, das alleine gefallen kann, mit oder ohne Gesang. Ich muß so schreiben, weil ich normalerweise keine Ahnung habe, was Tim singen wird, bis die ganze Musik für den Song geschrieben ist! Aber es ist definitiv schon passiert, daß die Gitarrenmelodien und die Gesangsmelodien gezwungen waren, um Klangräume zu kämpfen. Besonders beim Song „Sunrise“ von „The longest night“ war das ein Problem. Deswegen haben wir besonders darauf geachtet, als wir an den Songs für „Be gone“ arbeiteten, und einige Gitarrenmelodien wurden in der Tat entfernt oder zumindest im Mix ziemlich in den Hintergrund gedrängt, als Tim mit seinen Gesangslinien ankam. Für mich als Gitarrist ist das schwer, aber manchmal muß ich im Interesse des Songs die Kontrolle über ein Riff aufgeben. Wenn man sich zwischen einer Gitarrenmelodie und einer Gesangsmelodie entscheiden muß, wird die Gesangsmelodie wahrscheinlich immer den Sieg davontragen.

 

 

Eure Musik zeugt von großer technischer Kompetenz und ist manchmal ziemlich komplex. Seht ihr Pharaoh als Progressive Metal an? Seid ihr von irgendwelchen progressiven Bands beeinflußt?

 

MJ: Ich bin ein Riesenfan von Progressive Metal und Progressive Rock, also haben diese Stile meine Art zu spielen und zu schreiben tatsächlich stark beeinflußt, aber ich sehe Pharaoh nicht als progressiv an. Wir haben progressive Anteile und versuchen, unerwartete musikalische Details einzubauen (was meiner Ansicht nach die Definition von „progressiv“ darstellt), aber unsere Musik ist überwiegend relativ normal in ihren Arrangements und Spielweisen. Ich persönlich mag die Herausforderung, komplexe Musik simpel erscheinen zu lassen und umgekehrt, und die Parts, die auf der Gitarre am schwierigsten zu spielen sind, sind wahrscheinlich nicht diejenigen, die du als die schwierigsten vermuten würdest.

 

 

Warum hat es so lange gedauert, bis Pharaoh endlich ihren ersten Gig gespielt haben?

 

MJ: Wir wohnen überhaupt nicht nah beieinander. Tim wohnt in Florida, Chris Black in Michigan, Chris Kerns und ich leben in Pennsylvania, allerdings drei Stunden voneinander entfernt. Es war schon logistisch schwierig, die für diesen einen Auftritt notwendigen Proben zu arrangieren, und wahrscheinlich haben wir trotzdem nicht genug geprobt. Wir sprechen darüber, daß Tim und Chris Black vielleicht näher zu uns ziehen werden, in diesem Fall wäre es uns eventuell möglich, häufiger aufzutreten, aber niemand kniet sich da wirklich rein. Wir sind – und waren immer – vor allem daran interessiert, gute Musik zu schreiben und aufzunehmen. Wenn wir diese Musik auf die Bühne bringen können, umso besser, aber das hat keine Priorität, alleine schon aus praktischen Gründen.

 

 

Plant ihr, künftig mehr Shows zu spielen, oder ist Pharaoh hauptsächlich ein Studioprojekt?

 

MJ: Im Sommer steht noch ein Konzert an, und es wird wohl der ultimative Test für unsre Vorstellung eines Pharaoh-Auftritts sein. Wenn es gut läuft, werden wir uns ernsthaft darum bemühen, häufiger zu spielen. Es ist von äußerster Wichtigkeit, daß wir das Erbe von Pharaohs Musik nicht dadurch vermindern, daß wir sie unzureichend präsentieren, und wenn wir zu der Ansicht kommen, daß der dazu nötige Aufwand nicht in unseren vollen Kalender paßt, werden Pharaoh wohl Konzertaktivitäten dauerhaft einstellen.

 

 

Das Keep-It-True-Festival ist, wie der Name schon sagt, ein sehr trues Metalfestival – Nieten und Spandex überall. Habt ihr euch ein wenig als Fremdkörper gefühlt, weil ihr nicht so ein Image habt?

 

MJ: Ja, ein bißchen, und ich bin ziemlich sicher, daß ich der einzige war, der ein farbiges T-Shirt auf der Bühne trug! Nicht daß ich die anderen Bands bei dem Festival nicht respektieren würde, aber ich finde, daß viele von ihnen rückwärtsgewandte Musik machen, während Pharaoh trotz aller traditionellen Einflüsse grundlegend daran interessiert sind, moderne Musik zu machen. Wir hoffen, daß wir die Gratwanderung zwischen Tradition und Moderne ausreichend hinbekommen, so daß wir sowohl Die-Hard-Old-Schoolern gefallen als auch gleichzeitig einige dieser klassischen Klänge einem jüngeren Publikum nahebringen können. Die Zeit wird zeigen, ob diese Bemühungen Früchte tragen!

 

 

 

Seid ihr zufrieden mit den Fanreaktionen bei dem Festival? Wurdet ihr zu irgendwelchen anderen europäischen Festivals eingeladen?

 

MJ: Bislang haben wir keine weiteren Einladungen erhalten, aber ich glaube ohnehin, daß die Besetzungen für die diesjährigen Festivals überwiegend schon vollständig sind, und auch wenn ein anderes Festival an uns herantreten könnte, könnten wir dem so kurzfristig wohl nicht nachkommen. Was die Fans angeht, war ich von dem Empfang sehr überrascht. Wir fühlten uns vom Publikum gut angenommen, und es war eine großartige Erfahrung.

 

 

Glaubt ihr, die Reaktionen wären besser gewesen, wenn ihr euch für dieses Festival in “Pharaoh of Steel” umbenannt hättet?

 

MJ: Vielleicht, obwohl “Iron Pharaoh” wohl noch besser gewesen wäre. Aber wenn man bedenkt, wie heiß es auf der Bühne war, glaube ich, daß Tim gestorben wäre, wenn er eine riesige Pharaonenmaske aus Metall hätte tragen müssen! Mit einem falschen Tutanchamun-Bart hätte er aber möglicherweise gut ausgesehen.

 

 

Stellt euch vor, ihr könntet einen Videoclip mit unbegrenztem Budget drehen – wie würde er aussehen, und welchen Song würdet ihr auswählen?

 

MJ: Welch interessante Frage! Ich persönlich würde liebend gerne einen Clip zu “Speak to me” drehen. Das Video beginnt mit einem Überblick über eine lebendige Mayastadt, während die Sonne über dem fernen Dschungel aufgeht. Während das Video weiterläuft, werden die Menschenmassen schrittweise weniger, der Dschungel wächst weiter nach innen in Richtung Tempel, und die Monumente werden von wachsenden Ranken bedeckt. Zwischen diesen Szenen der Rückeroberung der Natur zeigt der Clip Szenen der Band, wie

sie auf einer Lichtung spielt, aber während der Song läuft, werden wir ebenfalls von Ranken umhüllt und von Grün bedeckt. Am Ende des Songs geht die Kamera in die Totale und zeigt eine Szene, die dem Albumcover ähnelt, mit der schwach leuchtenden Bergkette im Hintergrund, während die Sonne unter den Horizont voller Bäume sinkt.

 

pharaoh_begone_cover

 

 

 

Wie ist die Situation für traditionelle Bands wie euch in den USA heutzutage?

 

MJ: Nicht besser oder schlechter als sie immer war, so lange es Pharaoh gibt. Die Verkäufe sind nicht besonders gut, und auch wenn wir live spielen wollten, gäbe es keine richtige Szene, um solch ein Vorhaben zu unterstützen. Aber vielleicht liegt es an dieser Isolation, daß amerikanische Bands diesen Stil origineller und überzeugender spielen als eine typische europäische traditionelle Metalband. Wir tun das, weil wir es lieben, und wir tun es ohne die geringste Hoffnung auf Erfolg.

 

 

Seid ihr mit dem amerikanischen Metalunderground vertraut? Welche Bands seht ihr für die aktuelle Szene als wichtigste an?

 

MJ: Mit dem Underground kenne ich mich sehr gut aus! Ich bin ein riesiger Metalfan und Die-Hard-Szenegänger. Einige meiner derzeitigen Lieblingsbands sind Arsis, Behold The Arctopus, Blotted Science, Slough Feg, Hammers Of Misfortune, Carvas Solaris und Icarus Witch. In allen Metalkategorien gibt es viel großartige Musik, die von kleinen Bands in abgeschiedenen Gegenden gespielt wird. Wenn man nur von melodischem Metal spricht, ist die Zahl der Bands nicht groß, aber diejenigen, die ich kenne, sind allgemein ziemlich gut und verdienen mehr Aufmerksamkeit, als sie bekommen.

 

 

Warum habt ihr den Namen Pharaoh gewählt? Eure Texte handeln ja nicht von Ägypten, oder?

 

MJ: Als Chris Black erstmalig den Namen erwähnte, einigten wir uns sogar darauf, niemals über Ägypten zu singen. Aber das vergaßen wir Chris Kerns offenbar zu sagen, denn er schrieb mit „By the night sky“ ein absolutes Ägypten-Epos. Ups! Wir werden allerdings nie wieder einen Song über Ägypten schreiben, weil das einfach zu offensichtlich wäre, und wir wollen nicht das Power-Metal-Pendant zu Nile sein. Der Name ist kurz und klingt cool, auch wenn manche Leute mit der Schreibweise Probleme haben. Wäre es dir denn lieber, wenn wir Dragon Sphinx heißen würden?

 

 

Jawoll, das wäre auch geil! Ich werde sofort eine neue Band gründen und den Namen verwenden! Aber wo wir gerade von Nile sprechen…wenn ihr eines Tages auf einem Festival mit ihnen spielen solltet, und sie bedrohen euch mit dem Tode, weil ihr den Namen gewählt habt, den sie für sich selbst wollten…wie reagiert ihr dann?

 

MJ: Ich bin ziemlich sicher, daß ich schneller laufen kann als Karl Sanders, daher mache ich mir keine großen Sorgen. Sie hatten ihre Chance mit „Pharaoh“, da ich glaube, daß sie ihre ersten Aufnahmen lange vor uns veröffentlichten. Aber es könnte keine Pharaonen ohne den Nil geben, daher sollten wir ganz gut miteinander auskommen. Wenn es aber zu einer Schlägerei kommen sollte, werde ich ihnen ein Ankh überbraten.

 

 

Wenn ihr das Kingdom of Metal regieren würdet, welches wären die drei ersten Gesetze, die ihr erlassen würdet?

 

MJ: Keine Songs über Metal mehr. Keine “Dragon”-Bands mehr. Wenn Dave Mustaine weiter Musik machen will, muß er wieder anfangen, Heroin zu nehmen.

Danke für das tolle Interview – es ist schön, zu sehen, daß sich noch jemand neue Fragen ausdenkt. Macht gut weiter und bleibt heavy!

 

(Till)

 

http://www.solarflight.net/

 


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