Wintersun - Time IIWintersun - Time II

(Nuclear Blast)

 

Als WINTERSUNs Debütalbum „Wintersun“ das Licht der Welt erblickte, war ich gerade mal 15 Jahre alt. Jetzt, zwanzig Jahre später, haben die Computer endlich die Kapazität, die ProTools-Eskapaden von Jari Mäenpää zu verarbeiten. Im Jahr 2012 erschien der erste Teil des zweiten Albums der Band „Time“, das seit 18 Jahren in Produktion ist. Seitdem hat die Band zahlreiche Spendenaktionen und Patreon-Kampagnen durchgeführt, die alle im Internet nachzulesen sind. Außerdem hat Mäenpää zwischenzeitlich ein weiteres Album „The Forest Seasons“ veröffentlicht.


Jetzt also tatsächlich „Time II“. Das Album ist 49 Minuten lang. Gut sechs davon werden von zwei überflüssigen, weil nichtssagenden Instrumentalstücken aufgefressen. Daneben gibt es noch vier weitere Nummern auf dem Album, von denen drei über zehn Minuten lang sind. Nach wie vor ist es nicht so, dass die Songs diese Spielzeit wirklich benötigen. Vielmehr gefallen sich WINTERSUN in endlosen Wiederholungen. Gerade „The Way Of The Fire“ und „Storm“, die beiden schnellen Metal-Nummern des Albums, hätten gerne etwas gestrafft werden können. Nichtsdestotrotz zeigen die Finnen auf diesen beiden Tracks ihre größten Stärken. Messerscharfe Riffs, ein episches Grundgefühl und Mäenpääs vielseitiger Gesang. Sowohl seine schwarzmetallische Stimme als auch sein charismatischer Klargesang haben seit seinen Ensiferum-Tagen nichts an Intensität verloren.
Was aber gerade diese beiden Stücke völlig ruiniert, ist die Produktion des Albums. Ein Hohn, wenn man bedenkt, dass diese der Grund für die ewige Anlaufzeit von „Time II“ war. Waren es auf „Time I“ die viel zu leisen Gitarren, so ist es nun das Schlagzeug, das völlig aus dem Ruder läuft. Snare- und Bassdrum scheinen nur aus Samples zu bestehen. Und die sind doppelt so laut wie alle anderen Elemente im Mix. Da kommt man aus dem Kopfschütteln nicht mehr heraus. Gerade wenn die Band das Tempo anzieht, wird es kriminell.
Außerdem sind die vielen Layer und Spuren, die sich durch jeden einzelnen Track ziehen, einfach zu viel. Kommt mir jetzt bloß nicht mit Detailreichtum oder versteckten Melodien! Der Hintergrund ist einfach ein dicker, undifferenzierter Melodiebrei aus der ProTools-Hölle!

Die beiden getragenen Songs „One with the Shadows“ und „Silver Leaves“ fallen neben den beiden schnelleren wie immer in der WINTERSUN-Diskographie ab. Mäenpää und Co. schaffen es hier einfach nicht, die Spannung zu halten. Das ist kein neues Problem, schon das Debüt hatte damit zu kämpfen. Ja, „Silver Leaves“ bringt wieder asiatisch inspirierte Melodien, aber diese sind unglaublich austauschbar. Manch einer mag das als „ausladend und episch“ bezeichnen, ich finde die beiden Tracks langweilig und beliebig.

 

Alles in allem bekommt der Hörer von WINTERSUN 2024 also das, was spätestens bei „Time I“ zu erwarten war: Aufgeblasenen Melodic Death Metal, pardon „Universal Metal“, der dem Genre rein gar nichts hinzufügt. Weder ist das Songwriting hier besonders ausgefeilt, noch können die Finnen in Sachen Produktion und Sounddesign Maßstäbe setzen. Zumindest keine positiven. Mal sehen, wohin es die Band nach Abschluss dieses Projektes verschlägt und wie Mäenpää und Co. ihren Fans in Zukunft das Geld aus der Tasche ziehen wollen. Eine ausgewogen produzierte Gesamtversion von „Time I“ und „Time II“ mit veränderter Tracklist wäre doch eine Idee, nachdem man die „Legendary Early Demos“ mit der Sonderversion von „Time II“ bereits vermarktet hat.

 

(Manuel)

 

 


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