Motörhead Coverbands gibt es einige – aber mir ist nur eine einzige bekannt die in Deutsch singt: Weckörhead! Die Jungs um Bandkopf Markus „Wecker“ Weckermann hat mich mit ihren Scheiben „Taub für immer“ und „2021“ voll begeistert zumal da eine Menge Arbeit und Seele dahintersteckt Lemmy´s Texte sinnvoll und passend zu übersetzen und zu singen. Ich wollte mehr wissen und nahm Kontakt zu „Wecker“ auf….
Wann genau wurde die Idee eine Motörhead Cover bzw. Tribute Band zu machen geboren?
Das war im frühen Sommer 2016 und wird eine längere Geschichte… Sehr gute Freunde von mir (Xaja – Rock’n’Roll seit 1987 – an sich die Jungs, mit denen ich 1986/87 meine ersten musikalischen Gehversuche gemacht habe und seit 1990 in der selben Besetzung) waren eingeladen auf dem 25 jährigen Jubiläum der FROG BOG DOSENBAND in der Halle Gartlage in Osnabrück mit aufzuspielen. Deren Sänger, mein guter Freund Ralli, war zu dem Termin aber mit seiner Familie in Südafrika und daher haben die Jungs mich gefragt, ob ich nicht den Gesang für den Gig dort am 01.10. übernehmen wollte. Da die Jungs ebenso Freunde von mir sind, und ich mir die Kapelle aber ohne Ralli am Gesang nicht vorstellen konnte, habe ich unter der Bedingung zugesagt, dass wir keine Xaja Song spielen würden. Also musste ein Cover Set her – es standen „For whom the bell tolls“, „Arbeit nervt“, „Los Paul“, „Nutbush City Limits“ (auch mit deutschem Text) und „Ace of Spades“ (d-das Pik As) auf dem Programm. Holg (Trommler von Xaja) kam auf den Gedanken, das Gerät auf Deutsch zu tun und ich hab mich gleich an die Übersetzung gemacht – gesagt – getan – an dem Samstagabend standen wir als Ajax Oesede auf der Bühne und die Sause war ein Traum. Gut 8 Monate später wurde der Song ein zweites Mal spontan auf einer Xaja Party zum Besten gegeben – im Anschluss kam Rico (von den BASEMENT APES) zu mir, und meinte, die Nummer wäre mit Text und alles so geil, dass man den mal aufnehmen müsste. Wenn’s soweit kommen sollte, wäre er dabei!
Ich hatte damals bereits drei Kapellen, eine Familie mit vier Kindern und einen mehr als Vollzeit Job – daher Tat ich das als fixe Idee ab…, aber der Gedanke diese Idee weiter zu spinnen ging mir nicht mehr aus dem Kopf. Ich übersetzte zwei weitere Motörhead Songs („Going to Brazil“ & „Rock’n’Roll“) und die Versionen waren, wie Mitch sagen würde, so scheiße nich…
Daraufhin rief ich Rico an, fragte ob das damals sein Ernst gewesen sei, mit den Aufnahmen, und er meinte: Ja! Mein guter Freund Jörg Uken ist einerseits ein geiler Soundmann dem das Soundlodge Studio in Rhauderfehn gehört und anderseits ein prima Trommler. Ihn fragte ich an, ob ich die Chause bei ihm aufnehmen könnten und er dazu auch noch trommeln würde. Auch er sagte: Ja! Letzter im Bunde war Mitch, der eine Gitarrist von Xaja – und auch der war für alle Schandtaten bereit.
Der Plan war damals, im Wesentlichen aus Zeitgründen, das sich jeder daheim die anstehenden Songs zuhause reinzog und wir dann, ohne zu Proben an einem tag den ganzen Sums einspielen wollten. Ich ging von 4 Liedern aus, die anderen meinten, ja wenn wir mal zwei schaffen würden, wäre das doch schon ganz ordentlich… Mit „Eat the rich“ kam die vierte Nummer dazu und der Studiotermin (17.10.2017) rückte näher. Drei Tage vorher schmiss ich den wieder über Board und warf „Killed by death“ mit ins Rennen.
Der Rest ist für uns Geschichte. Wir harmonierten gut im Studio, spielten die Basic Trax komplett live ein, nur Solos und Gesang kamen im Anschluss aufs Band und nach gut 8 Stunden waren die ersten 4 Songs, „D-das Pika As“, „Nach Rio“, „Röck’n’Röll“ und „Am Tod krepiert“ verewigt.
Jörg rief mich drei Tage nach den Aufnahmen an, er wolle wohl in die Band fest einsteigen und so war klar, dass wir auf die Bühnen kommen würden, zum ersten Mal in Osnabrück im Whiskeys am 09.05.2018. Inzwischen ist er aus Zeitgründen nicht mehr dabei und mit Marco haben wir einen top Mann auf dem Hocker hinter der Bude.
War von Anfang an klar das in Deutsch gesungen wird?
Das stand nie anders zur Debatte. Es gibt genug, auch gute Motörhead Cover Kapellen, die sich an Lemmy Outfit versuchen usw. Das war nie unsere Idee. Die Verbeugung vor und die Auseinandersetzung mit seinem Werk, textlich und musikalisch ist unser Anliegen. Nicht Motörhead zu kopieren. Wir sehen uns auch als Tribute Band, nicht als Cover Act.
Was waren die ersten Veröffentlichungen?
Im Januar 2018 haben wir die CD EP „…Für Lemmy“ mit den besagten vier Stücken rausgebracht. Im Mai 2018 dann mit den SMOKING HUT ON STONES die Split Single – „D-das Pik As / Rock’n‘Roll God“. Über Weihnachten 2018 haben wir bei Jörg erneut in zwei Tagen 18 Studio Songs aufgenommen, die mit drei Live Trax zusammen dann auf der schicken Doppel LP „Taub für immer“ im Mai 2019 raus kamen – die gibt es auch als CD. Im Mai 2020 haben wir dann die „für Lemmy“ nochmal als LP rausgebracht mit 6 zusätzlichen neuen Liedern, die es nicht auf CD gibt und auch nicht geben wird. Ende 2021 kam dann noch parallel zu der CD Version (die DLP ließ aufgrund der Presswerkzeiten leider noch bis Februar 2022 auf sich warten) ein 8 Song Sampler von Randale Records mit einem kleinen Querschnitt durch unsere drei Alben raus.
Nach welchem Kriterium werden die Songs ausgewählt?
Das ist sehr unterschiedlich. Oft sind die Texte für mich ausschlaggebend, aber auch die Lieder selber und in wie weit sich mich berühren. An manchen Texten sitze ich ewig und sie verschwinden erstmal wieder in der Schublade, andere funktionieren umgehend und spontan. Auch gibt es inzwischen immer mehr Input von Freunden und Bekannten. Mit seiner Version von „1916“ kam Hans von den DICKS’N’DYNAMITE bei einem gemeinsamen Gig um die Ecke – gut 10 Tage später hatte ich den Text überarbeitet und den Song im Rosenhof in Osnabrück gemeinsam mit drei meiner Kinder mitten im Weckörhead Stet live gespielt. Die Urversion von „Lieb mich wie ein Reptil“ ist von meinem Freund Holger, bei Ihm hieß das Ding noch „Lieb mich wie eine Echse“. Den wollten wir schon länger machen, aber sein Input hat bei mir erst den Knoten für diesen Text zerschlagen.
Wie sind die Reaktionen zur neuen Platte „2021“?
Bisher sind die überwiegend positiv. Selbst für die zwei „Balladen“, was mich wundert, denn gerade da fällt auf, dass wir gar nicht erst versuchen, Lemmy zu kopieren. Ihre Gewalt entfalten diese beiden Nummern hauptsächlich durch den deutschen Text und nicht durch den Versuch, seine Stimme und Stimmlage nachzumachen. Er ist das Original – braucht keine Kopie.
Müsst ihr fürs Cover Artwork eine Art Erlaubnis holen (ich meine, weil es dem „1916“ ja sehr ähnelt)?
Auch da verneigen wir uns vor dem Original – der Schädel und die Flaggen sind komplett anders und haben auch innerhalb des Covers eine komplett andere Bedeutung für uns als Band. Darunter liegen zerstörte Instrumente- keine Waffen wie im Original. Das Symbolisiert für uns, die in dem Jahr am Boden liegende Musik und Kulturlandschaft weltweit. Das Farbschema und die Anordnung sind angelehnt ans Original – eine Kopie sieht meiner Meinung nach anders aus.
Was fasziniert dich am meisten an Lemmy´s Texten?
Ich mag es sehr, wenn sich Lemmy mit Themen abseits der üblichen Rock’n’Roll Klischees auseinandersetzt. Er findet deutliche und drastische Worte. Diese für uns nicht Muttersprachler klar herauszuarbeiten ist meine Intention. Außerdem mag ich seine Traurigkeit, die aus vielen Texten spricht. Er singt viel von Einsamkeit, von dem verlassen werden, von Enttäuschungen usw. Die Häufigkeit dieser Themenschwerpunkte erschreckt mich immer wieder und der extreme Gegensatz zu dem, wie er in der Öffentlichkeit war genommen und dargestellt wurde. Das sind zwei sehr unterschiedliche Seiten einer Medaille. Viele hatten eine Vorstellung, bzw. ein Bild von ihm. Ich befürchte, dass er in seinem Leben selbst oft einsamer und trauriger war, als die meisten die über ihn reden und schrieben, es erahnen können.
Welches Motörhead Line Up bevorzugst du?
Das ist eine Fangfrage, oder? Ich liebe natürlich die drei Amigos! Ich schätze aber auch sehr die Besetzungen mit Lucas Fox, da dort viel Grundsteine gelegt wurden und die mit Brian Robertson, da der den musikalischen Horizont für die Band erweitert hat. Die ersten Platten und die ersten Touren als Quartett mit Würzel und Wizzo fand und finde ich auch immer noch hervorragend! Auch die letzten (das ist gut – es waren ja auch die längsten…) Jahre mit Mikkey Dee hatten ihren Reiz, wobei ich persönlich ganz klar sagen muss, dass mir der Drum Style von Philthy Animal Taylor, wesentlich besser gefällt. Mikkey ist eine Maschine, aber den Swing und den Wahnsinn den Philthy in den Motörhead Sound einbrachte, kommt er nicht heran. Gerade bei Konzerten wurde das für mich immer wieder deutlich… viele rhythmische Feinheiten aus den alten Tagen hat Mikkey Dee einfach ignoriert und stumpf straight über die Songs hergezimmert.
Welches sind deine Song Favoriten?
Das ist für mich sehr schwer zu beantworten. Ich liebe natürlich die Klassiker: Overkill“, „Bomber“, „Shoot you in the back“, „Shine“, „The Hammer“, aber auch „Deaf forever“, „All for you“, „Orgasmatron“, „Rock’n’Roll“, „R.A.M.O.N.E.S.“, „Just cause you got the power“, „Going to Brazi“l bis hin zu den letzten Scheiben… Da ich da in den letzten vier Jahren fast täglich drinstecke, fällt es mir wirklich schwer, da klare Favoriten rauszupicken. Im Proberaum, den wir inzwischen tatsächlich gelegentlich nutzen, macht „Westernfilme“ gerade massiv Spaß!
Ich hoffe in Zukunft auch mal sowas wie „Brotherhood of Men“ oder „Lost in the Ozone“ von euch serviert zu bekommen….Chancen gut?
„Lost“ hatte ich schonmal angedacht, bin aber mit dem Text noch nicht durchgekommen. Das hakt gerade… Zu „Brotherhood“ bin ich noch nicht gekommen. Die Diskographie gibt ja auch einiges her, was uns natürlich auch noch viel Spielraum lässt. Inzwischen haben wir gut 50 Stücke im Programm, fast alle auch aufgenommen. Wir spielen gerade mit dem Gedanken, ein paar eigene Songs zu basteln… mal sehen, was die Zukunft bringt.
Könnt ihr bald wieder Live spielen?
Ich denke, es geht wieder los: Am 19.3. spielen wir im Gashaus Welschdorf in Schiltach, am 17.4. in Münster in der Skate Hall, am 23.4. im Lükaz in Lünen, am 27.5. in Osnabrück im Rosenhof, am 08.07. auf dem Talge Open Air und am 09.07. auf dem 30 Jahre Civil Courage Open Air in Lahn. Kommt sicher noch was dazu…
Wie ist gerade der Stand der Dinge bei deiner anderen Band Savage Blood?
Auf dem Live Sektor ist da gerade nichts los, doch wir schrieben aktuell neue Songs und werden wahrscheinlich im Oktober/November diesen Jahres den Nachfolger für „Downfall“ auch im Soundlodge Studio bei Jörg aufnehmen. Er hatte ja bereits die letzte Schiebe grandios gemixt und gemastert.
Danke dir für das Interview Arno und bis die Tage!
Danke & Rock On!
(Arno)