In den frühen 80er Jahren haben die Schweizer Hellhammer mit ihren Demos, Samplerbeiträgen und der „Apocalyptic Raids“ EP eine Form des Black Metal erschaffen die zum Kult wurde und für viele nachfolgende Bands (vor allem in Skandinavien) ein immenser Einfluss war. Obwohl es HH nur kurz gab und sie von der Presse nur verrissen wurden, hat sich der Kult bis Heute erhalten und Mainman Tom G. Warrior spielt seit 2019 unter dem Namen Triumph of Death erstmals altes Material von damals Live. Die EP wurde auch jetzt ganz frisch neu aufgelegt und somit schien der Zeitpunkt Tom mal darüber zu befragen genau richtig! Only Death is Real!
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Hallo Tom, super dass es mal wieder klappt, freut mich sehr. Der Re-Release von „Apocalyptic Raids“ steht an. Vor einiger Zeit wurden ja schon die Celtic Frost Alben neu aufgelegt von Noise/BMG und du warst nicht zufrieden mit den Veröffentlichungen. Hat man dir jetzt mehr Kontrolle bzw. Mitsprache gegeben bez. Hellhammer?
Tom Gabriel Warrior: Noise/BMG hatten mir schon bei den Celtic-Frost-Alben die vollkommene Kontrolle über Konzept und Art Direction übertragen. Die damalige Auseinandersetzung entstand dann auch nicht aus künstlerischen Gründen. Man hatte mich gebeten, Liner Notes für die neu aufgelegten Alben zu verfassen, welche die Geschichte der Alben beleuchten, was ich auch tat. Doch die Geschichte dieser Alben beinhaltete natürlich auch die endlosen Konflikte, die in den 1980er Jahren zwischen Noise Records und Celtic Frost bestanden.
Und Noise/BMG als Rechtsnachfolger von Noise Records waren besorgt, dass der Inhalt dieser Liner Notes zu einem Rechtsstreit mit dem damaligen Gründer von Noise Records führen könnte. So legte an mir nahe, die "problematischen" Stellen zu entfernen. Doch ich war nicht geneigt, mich zensieren zu lassen.
All dies traf jetzt bei "Apocalyptic Raids" nicht zu, da ich zwar ebenfalls Liner Notes verfasste, doch das darin beschriebene Verhältnis zwischen Noise und Hellhammer war 1984 noch unbefleckt.
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Welche Punkte waren dir bei der „Apocalyptic Raids“ Neuauflage besonders wichtig?
TGW: Dass die Neuauflage respektvoll gestaltet wird, dass sie dem Käufer für das ausgegebene Geld auch wirklich etwas Tolles bietet, und, vor allem, dass der verstorbene Martin Eric Ain auch damit zufrieden wäre und die Neuauflage auch in seinem Sinn gestaltet ist.
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Eure Demos wurden ja schon als „Demon Entrails“ neu veröffentlicht auf deinem eigenen Label als CD/LP und seit kurzem auch als schicker MC Set. Ich geh mal davon aus das du da natürlich 100%ige Kontrolle hattest?
TGW: Ja, die "Demon Entrails"-Veröffentlichung war von Anfang bis Ende von Martin und mir konzipiert und produziert. Obwohl wir grundsätzlich nichts gegen Bootlegs hatten, waren wir es schlicht leid, immer wieder schlecht gemachte Hellhammer-Bootlegs mit Texten und Informationen voller teils gravierender Fehler zu sehen.
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Welche Erinnerungen hast du an die Aufnahmen der „Apo.“ EP damals in Berlin?
TGW: Diese Erinnerungen könnten Bücher füllen - was ja auch eingetreten ist. In Kurzform war es erstens eine absolut magische Zeit in unserer Szene, eine Aufbruchsstimmung voller neuer Musik. Und für uns in der Band war es natürlich eine extreme Erfahrung auf jeder Ebene. Nach den Jahren der Ausgrenzung und des Belächeltwerdens war es für uns ein unvorstellbar wichtiger Schritt, zum ersten Mal mit internationalem Plattenvertrag in einem internationalen Tonstudio zu arbeiten. Gleichzeitig hiess es natürlich auch, dass wir jetzt zu zeigen hatten, ob wir vor dieser Kulisse auch professionell bestehen konnten.
Jede Minute dieses Aufenthaltes wurde zu einer wichtigen Erfahrung, vom damals noch geteilten West-Berlin zu den Aufnahmen selbst und dem Beobachten der Arbeit des sehr erfahrenen Tonmeisters Horst Müller.
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War es damals Noise Label Boss Karl Walterbach´s Entscheidung nur 4 statt 6 Songs auf die EP zu setzen?
TGW: Nein, es sollte ja eine EP werden. Und EPs bestanden damals in der Regel aus zwei bis fünf Songs. Da unser Song "Triumph Of Death" alleine schon 9 Minuten lang war, sprengten sogar die vier Songs das EP-Format.
Überdies hatten gleichzeitig ja das Angebot von Noise, zwei Songs zum "Death-Metal"-Sampler beizusteuern, was wir natürlich unbedingt tun wollten. Deshalb nahmen wir nebst den vier EP-Songs noch zwei zusätzlicher Songs auf.
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Über Produzent Horst Müller hört man ja nicht wirklich viel Gutes, ich finde aber den Sound der EP sehr heftig und gut. Einfach passend – wie siehst du das rückblickend?
TGW: Es ist unfair gegenüber Horst Müller, ihn nur nach den späteren, schlechteren Geschichten zu beurteilen. Zum Zeitpunkt der "Apocalyptic Raids"-Produktion sowie von Celtic Frosts "Morbid Tales" war er absolut auf der Höhe. Er war damals das Beste, was uns passieren konnte. Und die Produktion von "Apocalyptic Raids" hätte wohl sogar viel besser ausfallen können, wenn wir Horst nicht immer reingepfuscht hätten. Aber wir waren der Meinung, dass nur wir wüssten, wie Hellhammer zu klingen hat. Das machten wir bei "Morbid Tales" dann besser und liessen Horst viel mehr zum Zug kommen.
Die Produktion von "Apocalyptic Raids" erschien jedoch fast allen Leuten damals als völlig unzulänglich, speziell im Vergleich zu anderen Produktionen dieser Zeit. Auch wir hatten dasselbe Gefühl. Heute empfindet man dies natürlich sehr anders.
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Ich schätze mit dem Re-Release der EP ist dann wirklich alles verfügbar was es von HH gibt, oder schlummern noch irgendwo unreleased Tracks?
TGW: Ja, es sind alle damals aufgenommenen Songs veröffentlicht. Man darf nicht vergessen, Noise Records gaben uns nur ein minimales Aufnahmebudget und Hellhammer existierten nur relativ kurz.
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Hättet ihr euch je träumen lassen das HH so einflussreich werden? Das so viele Black Metal Musiker sich auf euer Schaffen beziehen?
TGW: Nein, das hätten wir nie gedacht. So ein Gedanke war damals vollkommen abwegig. Wir waren ja absolut unpopulär, wurden ausgegrenzt und erhielten zumeist sehr schlechte Kritiken. Die Musik traf den damals vorherrschenden Geschmack kaum.
Aber auch heute noch scheint es mir sehr surreal, dass sich die Wahrnehmung von Hellhammer so verändert hat.
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Mit Triumph of Death spielst du seit ca. einem Jahr (ich war beim Frankfurt Gig – sehr geil!) die Musik von HH Live. Wie kommt das so an und wie fühlt es sich für dich an die Stücke Live zu bringen?
TGW: Bisher konnten wir uns sehr glücklich schätzen; die Konzerte kamen extrem gut an und es machte unheimlichen Spass, diese unverfälschte, ehrliche, rotzige Musik ohne jeden kommerziellen Druck mit dem Publikum zu teilen. So wie es eben sein sollte, mit einer fast punkigen Atmosphäre. Wir sind dem Publikum sehr, sehr dankbar für seine Offenheit dieser alten Musik gegenüber.
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Ich habe gelesen das du mit T.o.D. auf keinen Fall neue Songs machen willst, aber ggf. ein Live Album – gibt es da schon Pläne?
TGW: Das trifft nicht ganz zu. Wir werden uns selbstverständlich hüten, alte Hellhammer-Songs neu aufzunehmen, was uns mehrfach vorgeschlagen wurde. Wir finden, dass man von solchen Klassikern die Finger lassen sollte. Es wäre ein Sakrileg, sie neu aufzunehmen; man könnte das Feeling der frühen 1980er nur kaputtmachen.
Wir sind jedoch offen gegenüber Live-Aufnahmen von unseren Konzerten, und wir haben auch einige Konzerte bereits aufgenommen. Wenn dies passend klingt, dann werden wir die besten Aufnahmen veröffentlichen.
Und wir sind auch offen dafür, unter Umständen neue Songs im Hellhammer-Stil zu schreiben und aufzunehmen. Dies aber nur, wenn sich dies auch ehrlich, authentisch und gut anfühlt. Und selbstverständlich niemals unter dem Namen "Hellhammer" sondern als Triumph Of Death. Doch wir werden dies sehr vorsichtig besprechen und angehen. Es muss nicht stattfinden, alles ist offen.
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Wie schaut es momentan bei Triptykon aus? Kann man schon abschätzen wann Album Nr. 3 kommt?
TGW: Nun, Album Nummer 3 ist das eben veröffentlichte "Requiem". Aber das dritte Studioalbum ist in Arbeit, nach einer Pause von ungefähr zwei Jahren aufgrund des "Requiems".
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Wenn ich richtig informiert bin hast du das Projekt Niryth verlassen, möchtest du da was zu sagen?
TGW: Das stimmt, und ich hätte es nicht getan, wenn es dafür keine triftigen Gründe gegeben hätte. Aber alles, was es momentan dazu zu sagen gibt, habe ich vor Kurzem auf meinem Blog gesagt. Es ist eine unnötige, enttäuschende Geschichte.
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Ich bedanke mich für das Interview und gebe dir hier Platz für den obligatorischen „Last Comment“………………………
TGW: Ich kann mich nur einmal mehr bei unserem Publikum dafür bedanken, dass es diesen inzwischen sehr langen Pfad mit mir gegangen ist und mir damit all dies ermöglicht hat. Ohne die Leute, die meiner Musik eine Chance geben, wäre ich genau nichts, und ich schulde ihnen unendlich viel.
(Arno)