Dream Theater, Periphery (Offenbach 2012)
Dream Theater, Periphery
6.2.12 - Offenbach, Stadthalle
Die Götter riefen und alle kamen. Zumindest die meisten, denn die Stadthalle war gut gefüllt, jedoch ein ganzes Stück vom ausverkauften Zustand entfernt. An mangelnder Verehrung der Fans kann es nicht liegen, denn die kamen heute wie gewohnt zu 75% in Merchandise der Band gekleidet, kauften fleißig neue Shirts für 30,- € und kämpften schnell um die besten Plätze an der Front. Doch vor der Götterdämmerung war noch die Vorband Periphery zu überstehen. Wer auch immer die Idee hatte, dem Publikum diese Nu-Irgendwas-Core-Scheiße zuzumuten, gehört drei Tage der chinesischen Wasserfolter unterworfen. Einige wenige krumme Alibitakte reichen noch lange nicht aus, um sich als Prog zu qualifizieren. Ganz schnell vergessen.
Großer Jubel brandete bereits auf, als der Vorhang heruntergeholt und Mike Manginis Festung enthüllt wurde. Auch in Sachen Kitgröße steht er seinem Vorgänger in nichts nach. Als dann um 20.45 das Licht ausging und das Intro ertönte, stieg die Stimmung so richtig an, die Band wurde empfangen, wie es sich eben für Götter gehört. „Bridges in the sky“ war der Opener, an welchen sich nahtlos „6:00“ anschloß. Eine gute Vorlage, welche beispielhaft für die Setlist war. Diese setzte sich etwa zur Hälfte aus Material der ersten paar Alben zusammen – von „Awake“ gab es neben „6:00“ noch „The silent man“ zu hören, „Images and words“ wurde mit „Surrounded“ und dem alten Hit „Pull me under“ bedacht, „Scenes from a memory“ kam mit „The spirit carries on“ zum Zuge, und…ja, Dream Theater vernachlässigten auch ihr glorreiches Debut nicht und kredenzten dem Publikum das alles überstrahlende „A fortune in lies“. Mit dem Doppelschlag „War inside my head“ / „The test that stumped them all“ gab es noch einen Schwenker zu „Six degrees of inner turbulence“, ansonsten wurde die härtere Phase der Band, welche ja doch nicht wenige Kritiker fand, ausgespart. Dafür ließen Dream Theater es sich nicht nehmen, nicht weniger als sechs Stücke des neuen Albums zu präsentieren – ein selbstbewußtes Statement und eine klare Ansage an jene, die das Quintett ohne Portnoy abgeschrieben hatten. Aber gab es die überhaupt? Heute wurde deutlich, daß der Drummerwechsel Dream Theater gutgetan hat, sie spielten richtig frei und gelöst auf, selbst John Myung zeigte sich für seine Verhältnisse bewegungsfreudig. Rufe nach dem dominanten Ex-Drummer habe ich keine vernommen, dafür sorgte Mike Mangini mit seiner Leistung nicht nur bei mir für Begeisterung. Meine Fresse, der Kerl ist echt unglaublich. Was er sowohl in den Songs als auch bei seinem gut siebenminütigen Solo zeigte, war schlichtweg der Hammer und stopfte jedem Kritiker im Handumdrehen das Maul. So frischzellengekurt können Dream Theater gerne zu neuen Horizonten aufbrechen. James LaBrie war äußerst gut bei Stimme und klang auch in hohen Lagen noch angenehm, Jordan Rudess und John Petrucci spielten sich schwindelerregend die Bälle zu – heute hatte jeder ausreichend Raum, um zu glänzen.
Inklusive der Zugabe „Pull me under“ standen Dream Theater ziemlich genau zwei Stunden auf der Bühne, was man durchaus als adäquaten Gegenwert fürs Geld sehen kann, obgleich der Eintritt mit 50,- € nicht gerade niedrig lag. Dafür war der Sound wie erwartet nahezu perfekt. Kritik würde ich höchstens an der Tatsache üben, daß gleich vier Balladen den Weg in die Setlist fanden. Nun sollte diese Seite Dream Theaters auch nicht vernachlässigt werden, die Hälfte hätte es aber auch getan. Und natürlich blieben zahlreiche Großtaten ungespielt, aber bei elf Studioalben mit überwiegend sehr langen Stücken muß man eben Abstriche machen. Insofern befürworte ich ganz klar, daß Dream Theater beim nächsten Mal wieder ohne Vorgruppe, dafür mit mindestens dreieinhalbstündiger Spielzeit wiederkommen. Die Götterdämmerung war vorbei, das Publikum begeistert, schöner hätte dieser Montag kaum verlaufen können. Dream Theater bleiben alleine in ihrer Liga, konkurrenzlos und einzigartig, gepriesen seien sie.
Bericht und Fotos: Till