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Transatlantic (Frankfurt 2010)

Transatlantic

4.5.10 - Frankfurt, Batschkapp

 

images/live-pic/2012_10/Transatlantic.jpgSieben Jahre ist es her, daß die Supergroup des Progs Europa beehrte. Sieben Jahre bis zu einem allseits geschätzten neuen Album namens „The whirlwind“. Daß die anschließende Tour gut besucht war, war abzusehen, entsprechend durfte der Veranstalter heute das begehrte „Ausverkauft“-Schild an die Pforte der Batschkapp hängen. Wie es in progressiven Kreisen schon seit geraumer Zeit nicht mehr unüblich ist, bescherte die „Whirld tour 2010“ dem Publikum keine Vorgruppe, statt dessen einen kompletten Abend mit Transatlantic. Zwei Sets à eineinviertel Stunden, dazu noch eine gut halbstündige Zugabe, da kann man sich nicht beschweren, wenngleich ich einen Ticketpreis von knapp 40,- € noch immer ein wenig happig finde, ebenso wie das Merchandise, welches ab 25,- € zu haben war. Alles noch kein Dream Theater-Preisniveau, aber doch…egal, es ging ja um die Musik.

 

Um 20.00 Uhr wurden die Horden in die Batschkapp gelassen. Alterdurchschnitt klar über 40, eine Menge in Ehren ergraute Progger, überall alte Shirts von Spock’s Beard, Dream Theater, Marillion und natürlich Transatlantic. Man hält den Heroen die Treue. Kollege Küper vom Rock Hard und ich versuchten, mit metallischerer Bekleidung (Armored Saint bzw. Forsaken) dagegen anzustinken, klappte aber nur bedingt. Aber das interessierte ohnehin nicht mehr, als pünktlich um 21.00 Uhr das Intro startete und die Musiker die Bühne erklommen.

 

Das erste Set bestand – nicht überraschend – aus dem kompletten neuen Album. Die vier Protagonisten allesamt am Bühnenrand. Wir images/live-pic/2012_10/Transatlantic1.jpgpräsentieren von links nach rechts: Neal Morse hinter seinen Keyboards, ein Headsetmikro am Kopf, glänzend aufgelegt und voller Spielfreude wie immer. Von der Müdigkeit, welche beim Interview anderthalb Stunden vorher noch zu bemerken war, war nichts übriggeblieben, der knapp 50jährige wirkte geradezu übermütig. Dann Roine Stolt, introvertiert und mit gewohnt gefühlvollem Gitarrenspiel. Neben ihm Pete Trewavas. Der kleine Marillion-Bassist sah mit seinem Strubbelkopp, dem unrasierten Gesicht und dem schlafanzugkompatiblen Hemd eher nach Katerfrühstück als nach Rockstar aus, aber was er auf seinem Instrument anstellte, war natürlich extraklasse. So beweist man, daß man auch mit Plektrum einen Baß virtuos bearbeiten kann. Und schließlich Meisterdrummer Mike Portnoy, über den ohnehin keine großen Worte verloren werden müssen. Immer wieder eine Wucht, wie er seine Trommeln und Becken bearbeitet – und damit es alle auch schön sehen konnten, war sein Kit ebenfalls bis an den Bühnenrand gerückt worden. Unterstützt wurde das Quartett von Gastmusiker Daniel Gildenlöw, seines Zeichens hauptberuflich oberster Vorgesetzter bei Pain Of Salvation, heute Gitarrist und Percussionist in Hintergrund, der seine Parts von einem Laptop ablas, jedoch sichtlich Spaß hatte und mit der jugendlichen Frisur auch irgendwie wie ein talentierter Jungspund wirkte, der einfach froh war, mit seinen alten Helden touren zu dürfen.

 

„The whirlwind“ fiunktioniert auch live; die Qualitäten des Albums wurden bereits an anderer Stelle beschrieben. Auch wenn die Band das Albumformat recht genau einhielt, war doch immer mal Raum für Improvisationen, wie beispielsweise, als Neal Morse in „On the prowl“ images/live-pic/2012_10/Transatlantic2.jpgder Publikumsjubel nach der Zeile „rock the house“ nicht groß genug war und die Band daraufhin erstmal weiterjammte, bis die Zuschauer laut genug brüllten, woraufhin Transatlantic mal eben zum Song zurückkehrten. Der 77-Minuten-Song wurde ansonsten ohne Schwierigkeiten, dafür mit viel Engagement dargeboten; die Musiker hatten spürbar Bock, ihr neues Werk zu performen, und daß das Publikum dem Wirbelwind bereits eine Menge Aufmerksamkeit gewidmet hatten, war an so manchen Lippen abzulesen, welche jede Zeile auswendig mitsangen. Man darf natürlich darüber diskutieren, ob bei Progkonzerten überhaupt mitgesungen werden darf, schließlich lenkt das von der völligen Konzentration auf die Instrumentalisten ab…egal, nach eineinviertel Stunden war erstmal Schicht, Transatlantic legten eine Viertelstunde Pause ein, bevor es in das zweite Set ging.

 

Dieses wiederum wurde mit „All of the above“ eröffnet. Das anschließende „We all need some light“ fand vermutlich seine Kritiker, die sich an dem Track längst sattgehört haben, doch was soll’s, für mich ist diese Sternstunde der Musik einer der Songs, welche eines Tages meine Beerdigung beschallen werden. Möglicherweise ging es dem einen oder anderen Fan, der begeistert mitsang, ähnlich. Von mir aus können Transatlantic jedenfalls noch in 200 Jahren „We all need some light“ spielen, die Beschwerden werden sich in Grenzen halten. „Duel with the devil“ war dann das dritte und letzte Stück des zweiten Sets, die fünf Spielteufel überboten sich  nochmal in ihren Leistungen, bevor Schluß war.

 

Nicht jedoch ohne Zugabe. Zuerst brachten Morse und Holt eine sehr emotionale Version von „Bridge across forever“ dar, bevor es mit „Stranger in your soul“ in die letzte Runde ging. Insgesamt standen Transatlantic über drei Stunden auf der Bühne, was somit immerhin für sechs Songs reichte. Nach dieser Sternstunde der progressiven Musik ging wohl kaum einer enttäuscht nach Hause. Ich auch nicht. Großartiger Abend, der sich so bald wohl auch nicht wiederholen wird, denn weitere Transatlantic-Aktivitäten sind aufgrund der aktiven Hauptbands der Musiker eher fraglich. Wir bleiben am Ball…danke, meine Herren!

 

Bericht: Till

Fotos: Christine Lenk


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