Wacken 2012
Schon im Vorfeld stand Wacken 2012 wettertechnisch unter keinem guten Stern. Unter anderem hatte es am Wochenende zuvor an einem Tag satte 70 l/m² geschüttet, so dass die für teures Geld verlegten Trenagen unter der Erde des „Holy Lands“ nur schwerlich der Lage Herr wurden. Leider ließ der Wettergott am Freitag gegen Abend nochmals alle Schleusen öffnen, so dass ein Schlammchaos die Folge war, welches auch den kompletten Samstag über anhielt und die Laune beim sprichwörtlichen Eiertanz auf dem durchweg schlammigen Untergrund deutlich absacken ließ. Hätte von Seiten der Veranstalter noch mehr dagegen getan werden können? In einer am Samstag einberufenen Pressekonferenz wurde versichert, dass alles Erdenkliche in Angriff genommen wurde, aber irgendwann Mensch und Material einfach an Grenzen stößt. Auch die öffentlichen Stellen (u.a. die Feuerwehr) bestätigten dies. So bleibt einfach nur die Hoffnung, dass im Jahre 2013 statt „Rain“ wieder „Shine“ regiert. Musikalisch gab's natürlich wieder einige Leckerbissen, von denen wir euch hier einige alphabetisch aufgereiht haben …
CORONER
Das einsetzende ultramiese Wetter verhagelt den Auftritt der Schweizer Thrash-Legende leider heftig. Teils nur bruchstückhaft aus der Ferne wahrnehmend wundere ich mich ein wenig über die ungewöhnliche Setlist, bin aber auch begeistert als ich „Masked Jackal“ vernehme und unkoordiniert durch die Gegend bange. „Divine Step“ und „Grin“ beenden einen Gig, den ich mir liebend gerne aus der Nähe und trocken angesehen hätte.
DIMMU BORGIR
Was die Norweger anno 2012 in Wacken auf die Beine gestellt haben, wird sicher in die Historie eingehen. Alleine der mystische Anblick der Bühnenaufbauten in Verbindung mit Orchester und Chor ließen einem den einen oder anderen Schauer den Rücken runter laufen. Im Gegensatz zu den Orchestereinsätzen bei beispielsweise Rage (langweilig) oder Metallica (völliger Humbug) macht dies bei Dimmu Borgir wirklich Sinn, da die Band in ihren Songs schon immer orchestrale Klassik verarbeitet hat. Mächtig, was sich da heute auf der Bühne abspielte. Einfach ganz großes Kino … und hier gibt's einen Einblick in die erste Reihe.
EDGUY
Spätestens beim Erblicken des Wacken-Merchandise war zu erkennen, dass der Surprise Act aus Fulda stammt und auf den Namen Edguy hört. Weit nach Mitternacht schafften es Tobi Sammett und seine Kumpanen dem letzten Festivaltag nach all dem Regen noch ein finales Lächeln aufzusetzen – dank sei den dummen Sprüchen des Frontmanns, der tighten Bandleistung und den unzähligen Hits („Lavatory Love Machine“, „Superheroes“ oder „King Of Fools“) des Fünfers. Das komplette Konzert könnt ihr euch hier anschauen.
IN FLAMES
Ähnlich spektakulär wie zuvor Dimmu Borgir präsentierten sich auch In Flames in diesem Jahr. Das nach dem Intro „Jester's Door“ angestimmte „Cloud Connected“ wurde von den Bandmitgliedern in einem aus Würfeln bestehenden Gerüst performt, wobei jeder sich auf einer anderen Höhe präsentierte und zudem die auf diese Würfel abgestimmte Lightshow ihr übriges beitrug. Richtig fett! Die Menge zeigt sich begeistert und feiert In Flames nach allen Regeln der Kunst ab. Nur wenige haderten etwas mit der Setlist, welche die Frühe Phase der Band ignorierte. Aber was hier geboten wurde, war schlicht und ergreifen In Flames 2012 mit einer phantastischen Bühnenshow. Guckst du hier ...
SACRED REICH
Zwar mussten die Herren aus Phoenix/Arizona mal wieder viel zu früh ran, aber andererseits bekam man so am frühen Nachmittag schon die ordentliche Portion „Hallo Wach!“ in Verbindung mit einem „Aufgewärmten“ vom Vortag. SACRED REICH kommen wiederum mega-sympathisch rüber und grooven wie Sau. „Ignorance“, „The American Way“, „Who's To Blame“, das Black Sabbath-Cover „War Pigs“ und natürlich das abschließende „Surf Nicaragua“ sind Stimmungsgranaten, die von der bereits reichlich versammelten Meute mit Begeisterung und Moshpits aufgenommen wurden. Diese Band sollte in Deutschland eigentlich viel präsenter sein … und gerne auch mal ein neues, fettes Album nachlegen.
SANCTUARY
„Refuge Denied“ und „Into The Mirror Black“ sind zweifelsohne eine der göttlichsten Gaben, die uns der US-Metal jemals bescherten. Und dass Sanctuary jetzt wieder am Start sind, erfüllte viele mit Spannung. Der Zuschauerzuspruch hielt sich zwar in Grenzen (Nevermore dürften bei ihrem letzten Wacken-Auftritt knapp das Doppelte an Publikum vorgelegt haben …), aber die Freude war groß, als die Band mit „Eden Lies Obscured“ und einem fitten Warrel Dane in die Vollen ging. Gerade bei Songs wie „Future Tense“ war allerdings klar zu erkennen, dass das Goldkehlchen mit den hohen Passagen inzwischen durchaus seine Schwierigkeiten hat. Jahrelanger Missbrauch am eigenen Körper bleibt nun mal nicht ohne Folgen. Im Allgemeinen dürfen sich die Herren von Sanctuary in Zukunft durchaus etwas agiler zeigen, auch wenn die technische Komponente der Songs sicherlich einiges abverlangt. „Battle Angels“, „Taste Revenge“ und „Die For My Sins“ hießen die weiteren musikalischen Highlights, zu denen sich erstmals zwei brandneue Songs („I Am Low“ und „The World Wired“) gesellten, die durchaus neugierig auf das wohl Anfang 2013 erscheinende neue Album machen.
SAXON
Schon wieder Saxon in Wacken? Ja – und schon wieder werden die Briten gebührend abgefeiert. Eigentlich ist inzwischen jeder Auftritt der Mannen um Biff Byford gleich gut und nach Schema F gestrickt: Zwei bis drei neue Songs und dazu die alten Kaliber der Marke „Heavy Metal Thunder“, „Wheels Of Steel“, „Crusader“, „Pricess Of The Night“ oder „Denim And Leather“. Licht- und Pyroshow waren natürlich wieder vom Feinsten und mit „Battalions Of Steel“, „Never Surrender“ und „To Hell And Back Again“ waren zumindest ein paar Songs am Start, die nicht jeden Saxon-Gig verzieren. Letztendlich ließ man auch beim siebten Wacken-Auftritt nichts anbrennen und so lange die Band immer noch so abgefeiert wird, spricht nichts gegen die achte Präsenz – aber bitte nicht vor 2014.
SCORPIONS
Wer weiß es schon genau, aber es scheint das zweite und letzte Mal zu sein, dass man die Scorpions in Wacken erleben darf. Entsprechend groß natürlich der Andrang vor der Bühne als die Scorps mit „Sting In The Tail“ und „Make It Real“ los legen. Wie bei ihrem ersten Auftritt 2006 ist auch dieses Mal der Sound zunächst viel zu leise, was in der Folgezeit zumindest etwas besser wird. Leider haben die Hannoveraner dann inmitten ihres Sets das Pech, dass zum wiederholten Male heftige Regenfälle einsetzen. Langsam hat davon nicht nur meinereiner die Schnauze voll und verpasse ich das Schleifen der Scorpions-Statue durch einige knackige Mädels bei „Coming Home“ genauso, wie „Still Loving You“ und „Rock You Like A Hurricane“ zum Abschluss des Sets.
SEPULTURA
Nachdem die Brasilianer 2011 ihr Wacken-Debüt geben durften und dort durchaus eine gelungene Premiere feiern durften, stand man anno 2012 wieder auf dem Programm. Dieses Mal konnte man sich die Unterstützung von Les Tambours Du Bronx sichern, die bei den rhythmus-betonten Songs wie „Refuse/Resist“, „Territory“, „Ratamahatta“ oder dem abschließenden „Roots Bloody Roots“ mit einem höllischen Percussion-Inferno auf ihren Blechtonnen sorgten. Neben drei Songs des aktuellen Albums „Kairos“ wurde auch das Prodigy-Cover „Firestarter“ in die Menge gedonnert. Guter Auftritt, auch wenn es wohl inzwischen müssig ist zu erwähnen, dass Derrick Green nie die Aura eines Max Cavalera erreichen wird.
U.D.O.
60 Jahre Udo Dierkschneider und dazu 25-jähriges Bandjubiläum – wenn das kein Grund zum Feiern ist. „Uns Udo“ tat dies mit einem Sack voll Gästen. So trällerte er gemeinsam mit Doro „Dancing With An Angel“, holte seine ehemaligen Bandkollegen Mathias „Don“ Dieth, Andy Susemihl und Thomas „Bodo“ Smuszynski mit ins Boot und setzte sein eigen Fleisch und Blut mit Sohn Sven hinters Schlagzeug. Die Songauswahl entpuppte sich schnell als wahres Best Of mit „They Want War“, „Animal House“, „Thunderball“ oder „Man And Machine“ und natürlich den unsterblichen Accept-Klassikern (unter anderem „Screaming For A Love Bite“ und „Metal Heart“). Bei „Break The Rules“ erscheint dann Mr. Lordi himself im Monsteroutfit auf der Bühne. Beim abschließenden „Balls To The Wall“ tummelte sich dann der komplette Troß nochmals neben Udo. Toller und vor allem kurzweiliger Auftritt! Nachzuerleben hier ...
WARRIOR SOUL
Witzigerweise war zu diesem Zeitpunkt die WET-Stage der einzige Ort in Wacken, der zumindest zu einem großen Teil DRY war – zumindest von oben wurde man nicht mit weiteren Wassermassen belästigt. Warrior Soul-Frontmann Kory Clarke war von Minute eins an in seinem Elemente und versprühte mit seinem extrem energiegeladenen Auftritt pure Fuck You-Attitüde. Dass seine Stimme mittlerweile sehr kratzig-verraucht klingt mag die Show ein wenig trüben, aber das wird durch die Klasse von Songs wie „Love Destruction“, „Punk And Belligerent“ oder „Downtown“ locker wieder wett gemacht. Schade, dass sich nur rund 150 Leute dafür interessierten, die legten den anschließenden Gang durch's weite Watt aber mit einem Lächeln im Gesicht zurück.
(Hansy)