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Black Trolls Over Europe 2010

Black Trolls Over Europe 2010

10.10.10 - Mühltal, Steinbruchtheater

 

Neben dem Heidenfest und dem Paganfest wolle man die Invasion der schwarzen Trolle als dritte Pagan Metal-Tour fest etablieren, hieß es im Vorfeld. Das dürfte etwas steinig werden; ich weiß nicht, wie bei dieser Erstauflage sonst die Besucherzahlen waren, aber am heutigen Sonntagabend fanden sich im Steinbruch nur etwa 70-80 Hammerträger ein. Ohne große Namen wie Finntrottel oder Equilibrium lockt man das Volk dann wohl doch nicht so einfach von der World-Of-Warcraft-Session weg, auch wenn der Eintrittspreis mit 23,- € (Abendkasse) durchaus ok war. Sechs Bands wurden immerhin geboten, die auch überwiegend überzeugen konnten, aber wer bei den schwarzen Trollen headlinen darf, müßte beim Heidenfest halt schon im ersten Drittel ran. Hoffen wir, daß bei der nächstjährigen Tour mehr los ist.

 

 

images/live-pic/Dyrathor.JPGDyrathor

 

Um 19.15 fiel der Startschuß und das junge Quintett Dyrathor hatte eine halbe Stunde Zeit, die erschienenen Zuschauer auf seine Seite zu ziehen. Gelang auch ganz gut, es bildeten sich ein paar Reihen vor der Bühne und die eine oder andere Matte wurde zu den Schlachthymnen aus Westfalen geschwenkt. Spricht für die Toleranz des Publikums – nicht daß Dyrathor richtig schlecht gewesen wären, es wurde eher gehobener Durchschnitt geboten, aber der Sound war einfach nur fürchterlich. Andauernde Rückkopplungen folterten die Gehörgänge, der Gesang war weitgehend nur zu erahnen, auch der Rest klang einigermaßen breiig. Kann man Dyrathor aber wahrscheinlich nicht zum Vorwurf machen, immerhin habe ich selten mal ein Konzert im Steinbruch erlebt, bei dem der Sound wirklich gut war. Musikalisch war es annehmbar, nichts neues, eine eifrige Nachahmung bekannter Pagan Metal-Einflüsse, aber nicht jeder muß schon in jungen Jahren Meisterwerke vollbringen. Der Violineneinsatz kam gut, der klare Gesang weniger. Wer solchen einsetzt, sollte auch imstande sein, einen Ton zu halten. Insgesamt war es jedenfalls ein netter Auftakt, und als mit der „Ode an die Heimat“ (Klischees wollen bedient sein) der Gig seinen Abschluß fand, gab es Applaus seitens der Fans, aber ein Teil dürfte auch der unterbrochenen Ohrenfolter geschuldet sein.

 

 

Heathen Forayimages/live-pic/HeathenForay.JPG

 

Bei Heathen Foray sah es da schon etwas besser aus. Schönes Gepose auf der Bühne, verständliche Ansagen und ein Sound, der nicht gleich Ohrenkrebs verursachte. Die Österreicher lieferten einen soliden Gig, der akzeptabel anzusehen war aber auch verdeutlichte, daß die Band nach zwei Alben eher nicht das Zeug hat, zur Spitze der Szene aufzustoßen. Dafür war es trotz allen Engagements dann doch etwas zu sehr Standard, wenngleich Heathen Foray mit den häufigen zweistimmigen Soli durchaus ein Element in ihrer Musik haben, welches für den Pagan Metal eher unüblich ist. Die Thin Lizzy der Heidenszene? In dieser Hinsicht schon, aber so richtig vom Hocker riß mich der Auftritt nicht, mehr als ein höflicher Applaus war leider nicht drin.

 

 

images/live-pic/NomansLand.JPGNomans Land

 

Die Russen von Nomans Land sind nach vier Alben immer noch Geheimtip – was nicht an der Qualität ihrer Musik liegt, es dürfte eher die fehlende Livepräsenz sein, die sich hier niederschlägt und dafür sorgt, daß jede Polkatruppe, die mal in Finnland aufs Klo gegangen ist, hochgejubelt wird, während Nomans Land viel zu wenige kennen. Ob diese Tour etwas daran ändert? Vor der Bühne war es jedenfalls ziemlich leer, als die vier Musiker loslegten. Schade, denn sie hätten mehr verdient, ihre Musik steckt voller Leidenschaft und großer Ideen, die Band zeigte sich gut in Form, agierte etwas zurückhaltend, tat dem Vergnügen aber keinen Abbruch. Geboten wurde eine angemessene Auswahl des bisherigen Liedguts, und mit fortschreitender Spielzeit ließ sich das Publikum auch etwas mehr von den Qualitäten der Truppe überzeugen. Nach dem Set gab es jedenfalls ordentlich Zugaberufe, aber Nomans Land hatten aufgrund des engen Zeitplans eh schon den Set kürzen müssen, so daß dem nicht stattgegeben werden konnte.

 

 

 

 

Adorned Broodimages/live-pic/AdornedBrood.JPG

 

Meine Begegnungen mit Adorned Brood sind ja immer mal sporadischer Natur. Alle drei bis vier Veröffentlichungen kriege ich die jeweilige Scheibe mal zu hören und kann von schwankender Qualität berichten. Zuletzt war es die mißglückte „Heldentat“, die mir arg lasch und zahnlos daherkam. Auch live hatte ich bislang nur einmal das Vergnügen, was auch schon wieder vier bis fünf Jahre her ist, auch damals kamen Adorned Brood ziemlich langweilig rüber, so daß ich vom heutigen Auftritt nicht viel erwartete. Eine freudige Überraschung – die Band hat härtetechnisch wieder ordentlich was draufgelegt und präsentierte sich heute sehr powervoll. Peinlichkeiten wie „Sandmann“ blieben dankenswerterweise außen vor, stattdessen gab es ordentlich Stoff, u.a. „Hammerfeste“, „Am Grunde des Meeres“ und als großen Schlußpunkt „Under Yggdrasil“. Einziger Negativpunkt war das vom Publikum abgefeierte, meiner Ansicht nach aber vollkommen überflüssige „Was woll’n wir trinken“-Sauflied, das bei Onkel Tom deutlich besser aufgehoben ist, Adorned Brood hätten derartigen Schwachsinn eigentlich nicht nötig, aber was soll’s, es blieb der einzige Ausfall. Teutobod Frost gebärdete sich angemessen wild und stahl seiner Mannschaft ziemlich die Schau, aber macht ja nichts. Feine Sache, Adorned Brood haben mich wieder zurückgewonnen; ich hoffe, das heutige Niveau können sie halten.

 

 

images/live-pic/BlackMessiah.JPGBlack Messiah

 

Die einzige Band des heutigen Abends, die ich schon mehrfach begutachten durfte, waren Black Messiah, was aber nicht überrascht, immerhin haben sie die einschlägigen Festivals schon häufiger beehrt. Somit wußte ich ziemlich genau, was mich erwartete. Keine Frage, Black Messiah haben Qualität und können eine professionelle Show bieten, auch wenn der in die Jahre gekommene Gitarrist mit Zakk-Wylde-Klampfe und Fellumhang ein bizarres Bild bot. Quasi eine 1:1-Mischung aus Altrocker und Klischeewikinger, amüsant. Musikalisch gab es einen amtlichen Querschnitt der Bandkarriere, wobei natürlich das „Sauflied“ den Jubelpegel in Maximalhöhen trieb. Wo wären all die Pagan-Bands bloß ohne ihre Trinkhymnen, das Publikum würde vermutlich nicht einmal in Bühnenähe kommen. Je nun, an sich gab es nichts zu meckern, aber so richtig zu packen vermochten mich Black Messiah heute nicht, obwohl ich sie seit gut vier Jahren nicht gesehen hatte. Die Fans sahen es anders und feierten sie ordentlich ab, es sei ihnen gegönnt.

 

 

 

 

Negura Bungetimages/NeguraBunget.JPG

 

Zum Abschluß ganz was anderes. Nach eingängigen Rhythmen, wilden Schlachtenliedern und metseligen Saufnummern hatte man avantgardistischen Black Metal für die Headlinerposition gewählt. Nicht ganz ungefährlich, zumal auch die Zeit schon gut fortgeschritten war, trotzdem verließen wenige Zuschauer nach Black Messiah den Steinbruch. Ich hatte Negura Bunget bislang nicht live gesehen und war entsprechend gespannt. Auf der Bühne waren einige Perkussionsinstrumente aufgebaut, und als mit einem Rufsignal aus einem zwei bis drei Meter langen Rohr (einem Alphorn nicht ganz unähnlich) der Gig eröffnet wurde, wurde ein starkes Kontrastprogramm zum bisherigen Abend offenbar. Bizarr war es, sehr sperrig und gewöhnungsbedürftig, aber Negura Bunget spielten sich sofort in mein Herz. So schwer verdaulich die Musik auch ist; leidenschaftlich ist sie allemal und leidenschaftlich wurde sie dargeboten. Wobei die sechs Musiker nicht gerade große Gesten vollführten oder viel Bewegung zeigten, dafür reichte der Platz ohnehin nicht aus; Negura Bunget ließen eher ihre Musik für sich sprechen, lediglich die Keyboarderin bangte hinter ihrem Instrument wild daher. Aber die Kunst der Band spricht für sich und zog die Fans mühelos in ihren Bann. Nebst erwähntem Rohr kamen u.a. eine große Trommel, eine Panflöte, Rasseln und eine Art Perkussivbrett zum Einsatz – was bei anderen Bands vom Band läuft, wird bei Negura Bunget alles konsequent live dargeboten. Ein faszinierender Auftritt, bei dem trotz später Stunde sicherlich keiner an den Wecker am kommenden Morgen dachte. Vermutlich ist dieses Ensemble Bizarre dazu verdammt, nur von wenigen Auserwählten beachtet zu werden, dabei hätten sie einiges mehr verdient. Die Headlinerposition war bei ihnen jedenfalls in guten Händen. Mit diesem magischen Auftritt ging ein feines kleines Clubfestival zu Ende, welches nächstes Jahr hoffentlich eine zweite Runde erfahren wird.

 

 

Bericht & Fotos: Till


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