Stephen Graham Jones - Don't Fear The Reaper
(Buchheim Verlag)
- anspruchsvoller, brutaler und unorthodoxer Slasher -
Die komplexen Werke des US-amerikanischen Schriftstellers Stephen Graham Jones sind durchweg anspruchsvolle Kost. Der Autor indigener Abstammung pflegt einen eigenwilligen, niveauvollen und gedankenüberlagerten Schreibstil. Es ist eine Art metaphorisch untermalte Sinnsprache, deren Weg bereits das Ziel markiert und die nicht immer leicht zu verstehen oder auf Anhieb in Gänze zu erfassen ist. Jones dramatisiert auf solch ehrliche und tiefgreifende Weise, dass der Leser emotional regelrecht in einen Strudel aus Mitleid, Entsetzen und Beklemmung hineingerissen wird. Nicht zuletzt deswegen sollte der zweite Band der Indian Lake Trilogie "Don't Fear The Reaper", der Ende 2023 in der Cemetery Dance Germany Reihe des Buchheim Verlags erschien und ein Jahr zuvor im amerikanischen Original unter gleichem Titel publiziert wurde, auf gar keinen Fall als Standalone gelesen werden. Für das uneingeschränkte Verständnis kausaler Zusammenhänge ist es unerlässlich, sich zuvor den ersten Teil der Reihe "My Heart Is A Chainsaw" zu Gemüte zu führen. Stephen Graham Jones Texte sind bis ins kleinste Detail durchdacht und setzen sich tief in den Gehirnwindungen seiner Leserschaft fest. Das 496 Seiten umsäumende "Don't Fear The Reaper", welches selbstredend die cineastische Slasher- und Horror-Thematik des ersten Teiles weiterführt, ist ein facettenreiches und vielschichtiges Horror Opus geworden, dessen, in Metaphoriken eingebettete Gedankengänge, das heraufziehende Unheil tief schwarz einfärben und den Leser immer wieder zum aufmerksamen Lesen anspornen.
12. Dezember 2019, Proofrock, Idaho. Die Teenagerin Jennifer "Jade" Daniels, aus dem ersten Teil der Indian Lake Reihe "My Heart Is A Chainsaw", ist mittlerweile zu einer jungen Frau herangewachsen. Rehabilitiert, doch noch immer traumatisiert, kehrt die 22-jährige Halbindianerin, nach einem vierjährigen Gefängnisaufenthalt in Boise, Idaho, in ihre Heimatstadt zurück. Auch Jennifers Freundin Letha Mondragon-Tompkins hatte so einiges durchmachen müssen. Arg gebeutelt vom Unabhängigkeitstagsmassaker und dessen vielseitigen Folgen, hatte sich Letha in den letzten vier Jahren mit dem Verlust des Vaters, ihrer Gesichts- und Kieferrekonstruktion, Physio- und Psychotherapie, Schwangerschaft, Tabletten nehmen und Tabletten absetzen auseinandersetzen müssen. Just zu dieser Zeit packt der Serienmörder Dark Mill South, bei der sogenannten "Wiedervereinigungstour" mit seinen Opfern, die Gelegenheit eines Jahrhundert-Whiteouts beim Schopf und tritt in Proofrock, Idaho die Flucht vor den schwer bewaffneten Beamten an, die ihn begleiten und bewachen sollen. Der 198 cm Hüne, der einen spitzen und enorm scharfen Haken am Stumpf seines rechten Armes trägt, wollte die größte Massenexekution der US-amerikanischen Geschichte von 1862 (auch bekannt als Sioux-Aufstand) rächen, bei der 38 Stammesangehörige der Dakota gehängt wurden. Dark Mill Souths Ziel war es, völlig wahllos 38 Menschen in Wyoming, Montana, North und South Dakota, bis rüber nach Colorado zu Tode zu quälen, um einen Ausgleich für die 38 gehängten Seelen der Dakota zu schaffen, wobei er diese Zahl bis zu seiner Festnahme in Idaho, sehr zu seinem Leidwesen, nicht ganz erreichte. Wie ein Phantom, wie ein unsichtbarer Slasher auf der Flucht vor der Staatsgewalt schlägt, schlitzt, hackt, sticht und schneidet sich der Stammesangehörige der Ojibwe aus Minnesota durch Proofrocks Adoleszenten, um endlich die ausgleichende Anzahl an Opfern von 38 zu erreichen. Hierbei schlägt der flüchtige Serienmörder an den verschiedensten Schauplätzen Proofrocks zu und erhält dabei "Unterstützung" von unerwarteter Seite. In der Sporthalle der Henderson High, im hiesigen Seniorenheim "Pleasant Valley Assisted Living", im abgebrannten Terra Nova, in der Polizeistation, in der Videothek und natürlich auf dem zugefrorenen Massengrab des Indian Lakes, dem Zuhause der Seehexe Stacey Graves. Die wenigen Polizeibeamten Proofrocks restlos überfordert, werden abermals, zumeist junge Bewohner des fiktiven Örtchens, Leidtragende eines Massakers. Also setzen Jennifer Daniels, Deputy Sheriff Banner Tompkins und seine Frau Letha Mondragon-Tompkins alles daran, den ins Rollen geratenen Gewaltexzess, durch Dark Mill Souths Abschlacht-Tour, bei klirrender Kälte, nachhaltig einzudämmen. Die beiden jungen Frauen Jennifer Daniels und Letha Mondragon-Tompkins wissen sich durchaus zur Wehr zu setzen, was Dark Mill South als bittere Realität anerkennen muss. Doch plötzlich überschlagen sich die Ereignisse, die Leichen und sämtliche ihrer Teile.
"Don't Fear The Reaper" ist ein anspruchsvoller, brutaler und unorthodoxer Slasher, der noch einen ordentlichen Tacken vitaler, authentischer und extremer wirkt, als sein Vorgänger. Die Story entfaltet ihren ganz eigenen Sound, ist mitreißend verfasst, mit makabrem Humor unterfüttert und verdammt blutig. So echt und lebensnah beschrieben, als wäre man dabei. Stephen Graham Jones versetzt sich auf empathische Weise in seine Protagonisten. Er skizziert und seziert jeden einzelnen seiner Charaktere individuell. Während er sie leiden lässt, spürt man als Leser die Kälte, die bedrohliche Stimmung, die akute Gefahr und die Aufregung der Akteure, die in das winterliche Ambiente Idahos eingebunden ist. Die detaillierten, ansprechenden bis bedrohlichen, dabei stets realistisch gehaltenen und enorm ausdrucksstarken Illustrationen von Vincent Chong unterstützen diese Stimmungsbilder meisterhaft. Für mich ist Chong ohnehin einer der besten Künstler der CDG-Reihe. Mit einem zarten Hauch aus Übersinnlichkeit entwickelt "Don't Fear The Reaper" seinen ganz eigenen "cozy" Slasher-Flair, den man jedes Mal aufs Neue erlebt, sobald man das Buch zur Hand nimmt. Wie bereits beim Vorgänger wird die eigentliche Geschichte immer wieder von Berichten über Dark Mill South, die Geschehnisse, die zum Unabhängigkeitstagsmassaker führten, Jades Gerichtsverhandlung, die ältere Geschichte Pleasant Valleys, sowie diverser Abhandlungen und Diskussionen über Slasher umgarnt. "Don't Fear The Reaper" ist ein etwas anderes, vielschichtiges und herausforderndes Lesevergnügen, das mir sofort ans Herz gewachsen ist und für mich persönlich gaaanz großes Kino bedeutet!
(Janko)
https://www.facebook.com/StephenGjones224
https://www.instagram.com/stephengrahamjones/
Stephen Graham Jones - Don't Fear The Reaper
Buchheim Verlag
Horror-Slasher
Buchreihe: CEMETERY DANCE GERMANY - Band 22
Indian Lasker Trilogie - Band 2
ISBN: Privatdruck ohne ISBN
496 Seiten
hochwertiges Hardcover mit Lesebändchen; Amerikanisches Buchformat 23,5 x 16,5 cm
Originaltitel: Don't Fear the Reaper (2022)
Aus dem Amerikanischen von Christian Jentzsch
Illustrator: Vincent Chong
Limitierung: 999 Stück (handnummeriert)
Erscheinungstermin: 15.12.2023
EUR 44,99 Euro / Vorbestellbar zum Subskriptionspreis von 39,99 € [DE] inkl. MwSt.
"Don't Fear The Reaper" beim Buchheim Verlag: https://www.buchheim-verlag.de/stephen-graham-jones-dont-fear-the-reaper.html