Aktuelles Magazin

Totentanz on
Totentanz Magazin bei Facebook

Free PDF 

Aktuell sind 440 Gäste und keine Mitglieder online

Nürnberg - Die ProzesseNürnberg - Die Prozesse

(Polyband)

 

Mit dem so genannte Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozess, bei dem in den Nachkriegsjahren zahlreiche Nazigrößen vor einem Internationalen Militärgerichtshof aufgrund ihrer Verbrechen gegen die Menschlichkeit, gegen den Frieden, wegen Verschwörung und Kriegsverbrechen verurteilt wurden, beschäftigt sich diese Halb-Dokumentation. “Halb” deswegen, weil nicht nur der Löwenanteil des Materials aus mehr oder weniger aufwändig inszenierten Nacherzählungen besteht, sondern darüber hinaus per Texteinblendungen schamlos darauf hingewiesen wird, dass nicht alle jener gestellten Szenen auf wahren Begebenheiten beruhen.

 

Wer nun darüber hinweg zu sehen vermag, der kann sich den Prozess nach und nach aus der Sicht von Albert Speer (“Karriere ohne Gewissen”), Hermann Göring (“Nazi ohne Reue”) und Rudolf Heß (“Nazi der ersten Stunde”) zu Gemüte führen. Hierbei hat die Abarbeitung jeder dieser drei Figuren in gewissem Maße ein ihrem Charakter geschuldetes Problem: Bei Speer, der als einziger Angeklagter offen Reue zeigt, kann auch diesmal nicht geklärt werden, inwieweit sein Auftritt vor dem Tribunal seine ehrlichen Gefühle widerspiegelt oder eben doch nur eine taktische Meisterleistung darstellt, die ihn vor dem Galgen bewahrte. Göring ist Göring und gibt in all seiner Widerwärtigkeit kaum etwas neues her, das diese Episode von irgendeiner anderen (echten) Dokumentation abhebt - einzig die relative Ähnlichkeit des Darstellers, welche bei den beiden anderen Nazischergen kaum gegeben ist, fällt hier positiv auf. Und Heß zu guter Letzt war ein derart kaputter Geist, dass hier - ähnlich wie bei Speer, wenn auch aus anderen Gründen - neue Erkenntnisse kaum möglich sind.

 

Diese Kritikpunkte wären durchaus zu verschmerzen, wenn die bereits genannte, über allen Episoden schwebende Ungewissheit nicht wäre, was vom Gesehenen historische Wirklichkeit und was künstlerische Freiheit ist. Von den zahlreich vorhandenen Originalaufnahmen bekommt der geneigte Zuschauer leider allzu wenig zu sehen, einzig die eingestreuten Interviews mit Augenzeugen wie Gefängniswärtern oder Vertretern der Anklage bringen etwas Licht ins Dunkel. Für eine essentielle Dokumentation ist dies gewiss zu wenig - allerdings stellt sich die Frage, ob “Nürnberg - Die Prozesse” dies überhaupt sein will. Falls nicht, darf sie für Zuschauer, die es auf neues Bildmaterial oder gar neue Erkenntnisse abgesehen haben, als überflüssig gelten.

 

Da die Inszenierungen aber größtenteils vernünftig umgesetzt wurden und alle Episoden durchaus kurzweilig anzusehen sind, kann man - lässt man oben genannte Ansprüche außen vor - mit den knapp drei Stunden nicht viel falsch machen. Je nach Zielgruppe geht “Nürnberg - Die Prozesse” daher als “Thema verfehlt, sechs” oder “klare Empfehlung” durch…

 

So durchwachsen die Filme daherkommen, so mäßig auch die DVD aus dem Hause Polyband: Zwar kommen Bild und Ton zunächst recht vernünftig daher, wenngleich die Menüführung nicht unbedingt optimal angelegt ist, doch wechselt man zwischendurch einmal auf den englischen Ton (der ebenso wie der deutsche in Stereo vorliegen soll), so hört man bei Albert Speer nichts, bei Hermann Göring nur den Sound ohne Dialoge und bei Rudolf Heß dann schließlich doch noch die komplette englische Tonspur, wenngleich sich diese offensichtlich ziemlich asynchron aus den Boxen quält. “Nürnberg - Die Prozesse” ist ein klassisches Beispiel einer Veröffentlichung, bei der der Zuschauer ganz individuell entscheiden muss (oder positiver ausgedrückt: kann), ob ihn die zahlreichen Unstimmigkeiten vom Kauf abhalten oder ob er darüber hinweg sehen kann - dann allerdings lohnt sich die DVD am Ende durchaus doch noch.

 

(mosher)


Musik News

Live Reviews

Movie News