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In My SkinIn My Skin

(I - On New Media)

 

Ein Unfall auf einer Party verändert Esthers Leben schlagartig. Zwar sind ihre Verletzungen nicht weiter schlimm, doch entwickelt sie eine morbide Faszination für die Wunde und alles, was darunter liegt. Esther beginnt zunächst damit, ihre Wunde immer wieder zu öffnen, um sich schon bald weitere Verletzungen zuzufügen.

„In My Skin“ stellt das Langfilmdebüt von Regisseurin Martina de Van dar, die ebenfalls die Story lieferte und die Hauptrolle verkörpert. Nicht nur, aber vor allem ihrer schauspielerischen Leistung gebührt höchster Respekt, zumal sie es darüber hinaus – wenngleich beinahe ständig vor der Kamera – versteht, ihren Film sowohl intensiv als auch einfühlsam zu inszenieren. Trotz, und natürlich auch gerade wegen ihrer sich beständig steigernden Automutilation kann sich der Zuschauer kaum von einem Gefühl des Mitleids, ja sogar des Mitfieberns befreien. Auch wenn man eigentlich weiß, dass eine geschlossene Abteilung die beste Lösung wäre, wünscht man sich irgendwie für Esther, dass ihr die Vertuschungen ihrer neuesten Verletzungen gelingen mögen. Dabei geht sie sogar soweit, einen Autounfall vorzutäuschen, um ihre jüngsten Ritzereien zu rechtfertigen. Dass der Zuschauer auf Esthers Seite steht, spricht ebenfalls für de Vans Qualität als Regisseurin. Schließlich entbehren ihre Handlungen jeglicher Motive und ihre Obsession scheint von ausschließlich destruktiver Natur zu sein. Doch findet sich das Leitmotiv des Films vielmehr auf der psychologischen Ebene denn in spekulativen Splatterszenen. Somit gilt es, Esthers Antrieb und ihre Ziele zu erforschen, wenngleich sich hier zahlreiche Interpretationen anbieten. Fest steht allerdings, dass des Rätsels Lösung in der Entzweiung von Körper und Seele zu finden ist. Dies wird nicht nur dadurch klar, dass Esther zu Protokoll gibt, die Schmerzen nicht zu spüren, sondern auch während ihrer Halluzinationen, als sie den Arm, welchen sie gerade „bearbeitet“, plötzlich für eine Prothese hält. Damit betritt „In My Skin“ annähernd Cronenbergsche Sphären, wobei sich diese beiden Gattungen des Body-Horrors allerdings immens unterscheiden. Bereits die ungleich wärmeren Farben und die geradezu typisch französische Inszenierung schließen einen ernsthaften Vergleich im Grunde aus. Vor allem aber ist de Vans Werk viel weniger als Horrorfilm angelegt, sondern befasst sich intensiv mit seiner Hauptfigur und wird damit trotz seiner schockierenden Bilder zum schlichten Drama.

Eine Überschneidung mit Cronenbergs Schaffen findet sich dann aber doch noch, denn auch „In My Skin“ beschäftigt sich intensiv, wenn auch teils eher subtil, mit den sexuellen Aspekten von Esthers Fühlen und Handeln. Hier darf wieder spekuliert werden, ob man die ganze Selbstverstümmelung schlicht als Ersatzbefriedigung betrachtet, oder ob man die offensichtliche Lustentwicklung Esthers auf einer anderen Ebene als weiteren Bestandteil ihrer komplexen Psyche versteht. Die letzten Szenen des Films, in denen sich Esther in einem Hotelzimmer versteckt, um ungestört ihren Trieben nachgehen zu können, erwecken jedenfalls nicht von ungefähr den Eindruck, als würde sie heimlich mit ihrer Obsession fremdgehen.

 

„In My Skin“ ist ein beachtliches und mutiges Regiedebüt und wird von I-On mit einer vernünftigen DVD gewürdigt, wenngleich das Bild wohl etwas besser hätte ausfallen können. Zum Sound (deutsch, französisch 5.1) gib es nicht viel zu sagen, schlägt der Film doch eher ruhigere Töne an. Die Extras geben sich mit einem Musikclip, einem Kurzfilm, dem Trailer und einer Trailershow etwas knapp. Gerade hier wäre der existierende Regiekommentar von allerhöchstem Interesse gewesen. Dies ist aber der einzige Wehrmutstropfen bei einem Film, der ohne den hohen künstlerischen Anspruch sicherlich in die gleichsam spekulative wie nichts sagende Sparte „Skandalfilm“ geschoben worden wäre. Allzu brutal sind einzelne Sequenzen und allzu bizarr die Psyche der Protagonistin. In Analogie zu seinem Originaltitel geht dieser Film tatsächlich unter die Haut.

 

(mosher)


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