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Böhse Onkelz – Live (Loreley 27.08.2024)

Böhse Onkelz – Live (Loreley 27.08.2024)

 

Zwei Jahre nach den Jubiläumskonzerten gehen die böhsen Vier erneut auf Tour, diesmal allerdings Open Air. Nach zwei Warm Up Shows in der Jahrhunderthalle im Heimatort Frankfurt standen ein Halt in Bremen, je zwei in Berlin, Dresden, Oberhausen, Neu-Ulm und Bischofshofen an und sogar drei in St. Goarshausen, auf dem altehrwürdigen Felsen der Loreley. Diese Open Air Bühne hat schon zahlreiche Künstlergrößen beherbergt und auch für die Onkelz ist dies kein Neuland mehr, allerdings verdamp lang her (wie der kleine Bruder von wir ham noch lange nicht genug sagen würde).


Montag, Dienstag und Mittwoch sind dabei wohl nicht die günstigsten Tage um zu feiern, aber wenn die Übernachtung im Auto auf dem ganzen Gelände strengstens untersagt ist, dann muss sich ja eh jeder aufs Fahren einstellen. Dass bei nur einer Zufahrtsstraße Chaos, vor allem bei der Abreise entsteht, ist vorprogrammiert. Die Zufahrt wurde gesperrt, die Richtungen an der ersten Abzweigung früh genug angekündigt, aber Wartezeiten mit 2h blieben dennoch nicht aus. Wie gesagt, irgendwie dann nicht vermeidbar.


Was vermeidbar gewesen wäre, war das Chaos beim Zugang zum Front of Stage Bereich. Ob dieser tatsächlich notwendig gewesen wäre, also ein für sich abgesperrter Bereich ab dem Mittelgang nach unten, kann man als Außenstehender schlecht beurteilen, aufgrund der wirklich voll ausgeschöpften Kapazität des Geländes aber vielleicht wirklich notwendig. Doch genau dann weiß man ja, wie viele Personen Zugang erhalten (müssen), da sie im Vorfeld eben dieses Ticket gekauft haben. Warum dann auf einmal die Bändchen ausgehen und nachgereicht werden müssen, bleibt ein Rätsel. Letzten Endes kamen alle gut durch, aber es bleibt die Frage, wieso so viel uninformierte Security Leute positioniert werden und es kein anständiges Briefing gibt. Aber auch hier ist die Loreley nicht der erste oder einzige Ort, bei dem dies auffällt.


7 Euro für ein 0,5er Bier ist nur unwesentlich teurer als Wacken (5,50 Euro für 0,4l) und versteht sich leider leider mittlerweile als Standard bei Großveranstaltungen, wobei auch hier die Orga bzw. der Gewinn komplett in die Hände des Betreibers fällt und zu keiner Zeit den Onkelz zugeschustert werden kann. Soweit von außen zu beurteilen, haben die nämlich alles richtig gemacht, was von der Band und ihrer Firma beeinflusst werden kann, aber dazu gleich.
Für ein Wasser aber 5,50 zu verlangen bei gleichzeitiger Nichtbereitstellung einer kostenlosen Trinkwasserstelle ist eine Frechheit und unverantwortlich. Den betroffenen Personen wünscht man es nicht, dem Gastrobetreiber aber schon, dass es gesundheitliche Schäden mit ordentlich Klagen gibt.


Die Essensstände entziehen sich leider was Qualität und Preise betrifft der Kenntnis, denn diese befanden sich alle am oberen Ende des Hanges, wo einen soweit das Auge reichte nur Menschenmassen erwarteten. Ebenso kann zur Support Band leider nichts geschrieben werden, das Totentanz Magazin konnte das Gelände leider erst nach deren Ende betreten.

 

 

Dann aber war es soweit, die Böhsen Onkelz eröffneten (wie auf der ganzen Tour, was die komplette Setlist betrifft, diese änderte sichnicht) mit dem Instrumental „28“ und gingen nahtlos zu „Guten Tag“ über. Wenn man am späteren Abend die grinsenden und zufriedenen Gesichter der Vier sah, muss man schon überlegen, wie anstrengend es sein muss, mit finsterer Miene die düstere Seite über die ersten zwei Songs zu präsentieren. Aber ein guter und gelungener Einstieg.
Mit „Finde die Wahrheit“ kam nicht unbedingt ein überraschender Song, dafür aber mit „Scheißegal“, welcher auch als das erste von zahlreichen Highlights am Abend durchging, immer gemessen an den Publikumsreaktionen, denn was jetzt genau für wen ein Highlight darstellt, da dürfte bei den Onkelz nicht nur die musikalische Qualität ausschlaggebend sein, sondern eher die emotionale Bindung zu den Songs, die wohl jeder einzelne für sich und mit seinen Erinnerungen ausmacht.

 

„Gehasst Verdammt Vergöttert“, die drei Worte, die die Band aufgrund der Außenwirkung wohl am besten beschreiben, laut Stephan, kommt gut als nächstes, steht ja immerhin auf der selben Platte. Für „Heilige Lieder“ Fans soll noch mehr folgen. „Du kannst alles haben“ und „Danke für nichts“ kommen schön ruppig daher und „Ich bin wie ich bin“ bringt einen angenehmen Kontrast, wird aber genauso laut und innig mitgesungen wie die vorigen beiden Rüpel. Überhaupt befinden sich in der Setlist selten und nie live gespielte Songs. Das lässt zwar bei einer läppischen Spielzeit von fast drei Stunden für manch einen die ständigen Gassenhauer vermissen, aber endlich bekommen alle andere auch etwas mehr Abwechslung, vor allem im Vergleich zu anderen Bands die so lange auf den Brettern stehen und eh immer nur die gleiche Nummer leiern. Die Onkelz haben es sich noch nie leicht gemacht, warum sollten sie nach 44 Jahren damit anfangen?

 

„Zu nah an der Wahrheit“ stellt dann die erste richtige Ballade dar und um das Feuer wieder zu entfachen gibt es „Kuchen und Bier“. Unddas Feuer wird wahrhaftig entfacht, denn bei der Textzeile „…zündet die Bengalos…“ wird dieser in einigen Bereichen auf die Sekunde Folge geleistet. Der Jubiläumssong kommt live noch fetter daher als auf Platte und überhaupt kann man sagen, der Sound ist richtig geil, fett, laut und man hört jedes Instrument so wie es sein sollte. Die optische Untermalung von Leinwand, Pyros, Lichterreihen, Feuerwerk, Feuersäulen und Lasern ist optimal zu jedem Lied in Szene gesetzt und bietet wirklich zu jedem Lied eine andere Untermalung. Man lässt sich eben nicht lumpen.

 

„So sind wir“ wird natürlich lautstark mitgesungen und steht etwas im Kontrast zu „Das Problem bist du“, welcher zwar nicht schlecht kommt, aber eben natürlich kein solcher Gassenhauer ist. Als Versöhnung gibt’s direkt „Die Stunde des Siegers“ hinterher, mit schönem Quasi Modo Titelbild im Hintergrund. Fast so schön wie Quasimodo ist auch Gonzos Hose, eine Mischung aus Opas beigefarbene Stoffhose inklusive Hosenträgern und zu weiter Anglerhose. Wer auch immer zu ihm sagte vor zwei Jahren, Gonzo, altes Haus, das ist geil, der könnte sich dann jetzt bitte outen und ihm erklären wie blöd sein Scherz doch war. Dafür aber ist Gonzo der agilste der Menschen auf der Bühne und nutzt seinen gesamten Spielraum, aufs Podest und wieder runter, mit den Fans non verbal kommunizieren und jedes Riff und jedes Solo perfekt umsetzen und die Soundwand, die er erzeugt, niemals verlieren.

 

„Gestern war heute noch morgen“ und direkt im Anschluss „Wir schreiben Geschichte“ führen wieder zum „Heilige Lieder“ Album undlassen überlegen, ob es jemanden im Onkelz Universum gibt, der dieses Album ohne den genannten „Bonustrack“ besitzt. „Zieh mit den Wölfen“ ist ein guter Song, der wohl aber am meisten Popularität durch das damalige erste Live Album „Live in Vienna“ erlangt haben dürfte und wird natürlich abgefeiert. Einige Leute erreichen nicht mehr jede Stufe oder verfehlen auch mal eine Reihe dieser, man hofft nur, dass niemand stürzt. Aber so ist das beim Loreley Felsen. Pe hinter seinem Schlagzeug kann zum Glück überhaupt nicht stürzen und leider kann über diese interessante Persönlichkeit am wenigsten berichtet werden, nur so viel, dass der Mann natürlich präzise und treibend seine Drums unters Volk brachte.

 

Eine Ansage zu „Ohne mich“, die aber vom Timing her mit Pausen in Frankfurt bei  der Warm Up Show etwas besser platziert war, die aber inhaltlich genau das Gleiche aussagt wie der Text des Liedes, nämlich dass man sich gegen jede Art von Extremismus wehrt, ist richtig und wichtig und beim Text selber werden die Zeilen gegen Rechts wirklich lauter mitgesungen, als die gegen Links. Notwendig und gut, auch wenn nur eine dumme Minderheit auf Onkelzkonzerten überzeugt werden müsste. Aber die Wahrheitsverdreher draußen werden es eh nicht hören (wollen) und ihren eigenen Mist draus drehen. „C’est la vie“ ist der persönlich verzichtbarste Song der Setlist, aber zu solch einer Einstellung wurde ja schon was geschrieben, dafür fließen ordentlich Tränen im Publikum bei „Bin ich nur glücklich wenn es schmerzt“. Für einige dürfte dann auch der anschließende  „H“  als Highlight durchgehen, nur von Gonzo begleitet hört man Kevins Stimme, die seine Sicht der Drogensucht erzählt, zum Zeitpunkt des Schreibens noch lange nicht überwunden, mittlerweile aber seit 13 Jahren clean. Und wo „die Stimme aus der Gosse“ vor zwei Jahren fast wie eine Säule am Mikro stand, folgen an dem Abend Tanzmoves, Fingerzeige aufs Publikum, leichte Headbanger und öfter die Daumen hoch und Applaus ins Publikum. Dieser Mann hat sich tatsächlich innerhalb von zwei Jahren nochmals erneut erholt und es gleicht wirklich einem Wunder – wahrscheinlich könnte Weidner über diese Worte mit seinem Insiderwissen nur müde lächeln. Aber auch für das, was außenstehende Fans wissen gleicht es einem Wunder.

 

„Angst ist nur ein Gefühl“ ist dann der letzte Song vom „Heilige Lieder“ Album, lässt man mal das „Intro Oratorium“ weg, welches die Zugabe einläutet. Aber zuvor kommen noch das unkaputtbare „Nichts ist für die Ewigkeit“ (zwar der kleine, aber subjektiv betrachtet immer der besser Bruder von „Erinnerungen“) und „Terpentin“, welcher erneut die Menge so dermaßen anfacht und natürlich weitere Pyros heraufzaubert. Stephan trifft wie immer die richtigen Töne nicht nur beim Background oder Zweitstimmgesang, sondern vor allem in den Ansagen und wirkt einfach nur rundum zufrieden. Im Gegensatz zur Warm Up Show wird Terpentin auch fehlerfrei gespielt (und dort sorgte es nur für symphytisches Lachen denn für Häme) und das gilt für die Band und im Besonderen für Weidner, es scheint, als sei die angespannte Last abgefallen und es wird eingespielt mit den Leuten gefeiert, das Leben und die Onkelz. Für viele unzertrennlich.

 

Die Zugabe wird mit dem erwähnten Intro eingeläutet, nachdem die nicht mehr ganz so synchron laufenden „oh-oh-oh“ Chöre von Terpentin langsam auspowern und anstatt das passende „Heilige Lieder“ zu spielen kommt eben das noch passendere „Wir ham noch lange nicht genug“, welches wohl für alle Anwesenden ebenfalls ein Highlight darstellt, ganz egalwelche anderen Vorlieben da noch so stehen. Und für den Großteil dürfte dann „Auf gute Freunde“ nicht weiter hinten anstehen. „Das Geheimnis meiner Kraft“ überrascht dann doch etwas, aber Überraschungen sind bei einer Band, die man als Fan schon zigmal gesehen hat, immer gut. Die blöde Überraschung, dass „Auf die Freundschaft“ schon wieder wie auch 2022 fehlt, ist halt auch eine Überraschung. Aber halt eine blöde und hier wiederhole ich gerne meinen Bericht von 2022: kann den Jungs mal jemand sagen, dass sie auf ihre alten Tage einen Evergreen geschrieben haben, der gespielt werden MUSS? Alles andere ist Frevelei, sei aber an diesem Abend nochmal verziehen.

Natürlich gibt es „Mexiko“ inklusive der letzen Bengalos und danach „Erinnerungen“ als die wirklich letzten beiden Songs und abgesehen von der Abreise (siehe Eingangsabsatz) dürfte wohl jeder Fan glücklich nach Hause gefahren sein. Mehr Onkelz geht nicht.

 

Es ist jedes Mal aufs Neue faszinierend, die vier Frankfurter auf der Bühne zu erleben. Und das nicht nur, weil da eine geballte Soundwand und geile Lieder kommen, sondern weil man sich die Hintergründe auf der Zunge zergehen lassen muss. Vier Jungs aus Frankfurt, die am Anfang pöbeln wollen, Frust rausspielen und dennoch schon im zarten Alter Hymnen schreiben können. Ein Bassist, der zum Sprachrohr mutiert und sich egal in welchem Alter immer weiter bildet und entwickelt und dies in Texte fasst, die genauso tiefsinnig wie auf die Fresse sein können, ein Schlagzeuger, der sich ebenfalls nach anfangender Karriere erstmal mit weiteren Rhythmen befassen muss, dies aber schafft und immer treibend den Sound voran peitscht. Ein Gitarrist, der es von Anfang an versteht, sowohl Melodie als auch Rhythmen alleine auf der Gitarre als Soundwand hinzustellen und sich über 40 Jahre hinweg ständig Neues UND Gutes einfallen lässt. Und ein Sänger, dessen Wiedererkennungswert nicht nur durch die Rauheit in der Stimme kommt, sondern eben auch durch die Aussprache, die getrost als Mischung aus norddeutsch (Hamburg), hessisch (Frankfurt) und hochdeutsch daher kommt und der es lernt, ebenso gefühlvoll mit seinem Reibeisen umzugehen. Und der „mehr Leben als eine Katze hat. Jetzt reichts dann aber auch“ (O-Ton Weidner).


Eine Band, die seit jungen Jahren gewollt aneckt, die versuchen sich von zu deftigen Anfeindungen freizuschwimmen, durch die Medien aber als gefundenes Fressen immer weiter als Sündenbock hingestellt werden, durch das sich aber der Popularitätsgrad immer weiter in die Höhe schwingt und die immer zahlreicher werdenden Fans immer mehr zusammenstehen lässt, sodass sie wohl zum größten Phänomen deutscher Musikgeschichte bzw. eines der größten weltweit werden. Hier könnte man noch etliche Sätze anbringen und würde der Geschichte immer noch nicht gerecht.

Vielen Dank ihr Leute, egal ob vor, hinter oder auf der Bühne für euren Einsatz und dieses großartige Konzerterlebnis. Die Orga der Gastgeberlocation ist dafür gut verbesserungswürdig und kann sich glücklich schätzen, diese einmalige Location zu haben. Versaut es nicht.


Ansonsten lassen wir doch Weidners Worte der Warm Up Show in Frankfurt nochmal zum Abschluss durchklingen: Was macht ihr eigentlich wenn wir nicht auf Tour sind? OK, wir versprechen, wir lassen nicht mehr so lange auf uns warten (nicht wörtlich, sinngemäß). Herr W, oder wenn wir beim Du bleiben lieber Der, wir nehmen dich dann mal ernst und sagen: bis nächstes Jahr?

 

(Röbin)

 

https://www.onkelz.de/

 

https://www.loreley-freilichtbuehne.de/

 


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