Wacken Open Air 2015 - Nachbericht
Wacken Open Air 2015
Ein Festival der Extreme
Natürlich hat es jeder mitbekommen, beim W:O:A 2015 war mal wieder Land unter. Doch so heftig, wie in diesem Jahr, hat es das Festival noch nie getroffen. Es hörte einfach nicht auf zu Regnen, der Boden wurde immer matschiger, die Zufahrtsstraßen bald gar nicht mehr befahrbar und das führte sogar so weit, dass ab Mittwochnacht niemand mehr aufs Gelände mit seinem PKW gelassen wurde.
Die Anreisenden mussten in die Parkhäuser von Itzehoe ausweichen und mit kostenlosen Shuttlebussen zum Gelände gebracht werden. (Bei der Abreise war ebenfalls der Schlepperservice der Traktoren kostenlos, was sehr lobenswert ist, denn es gibt genügend Beispiele, wo aus dem Leid der Besucher noch Profit gezogen wurde).
Das der Regen den Besuchern zu schaffen machte merkte man auch deutlich an der Stimmung auf dem Zeltplatz. Wo sonst durchgehend Halli Galli herrscht, war jetzt schon fast eine einheitliche Ruhe auszumachen, nur vereinzelt war Musik oder Partygelächter zu hören. Ebenfalls öffnete das Infield später als geplant am Donnerstag, da noch letzte Anstrengungen unternommen wurden, dieses trocken zu legen.
Bei der räumlichen Planung wurde 2015 das Soccerfield bzw. Movie Field wieder vor die Einlasskontrollen gelegt, so dass es dort jederzeit möglich war, mit seinem Campingstuhl und eigenem Getränk das Geschehen zu verfolgen. Ebenfalls wurden dort die jeweiligen Headliner mit Sound übertragen. Wer also was mitbekommen wollte, aber keinen Wert auf vordere Atmosphäre legte, konnte dort bestens genießen.
Das Zelt war Mittwochs eindeutig zu klein, da natürlich alle Schutz vor dem Regen suchten, ansonsten aber trotz zahlreicher namenhafter Bands immer ausreichend und nie überfüllt. Einzig die dortigen Bierstände brachten gegenüber dem sonst so flotten Service längere Wartezeiten mit sich.
Die Preise waren wie im Vorjahr teuer, aber stabil: 0,3 l Bier für 3 Euro. Zum Kulinarischen wird euch jetzt Seebi etwas berichten:
Wie gewohnt ist das Essens- und Getränkeangebot am Wacken vielseitig und lecker. Wobei das Essen bei den Wackingern, wie in jedem Jahr, besser war. Die Essensstände in den anderen Bereichen des Festivals könnten sich da echt mal ein wenig inspirieren lassen. Das erste Mal konnte man in diesem Jahr im "Trash of the Titans Field" Essen kaufen und bei diesem Sauwetter hat wohl das scharfe Chilli Con Carne so manchen Besucher aufgewärmt. Vom Fleischklops zu den Asianudeln bis hin zu den Burgern ist nichts negativ aufgefallen. Sogar der Mega Burger scheint wieder ein Stück grösser geworden zu sein, ganz im Gegensatz zur Tendenz der letzten Jahre. (Seebi)
Ansonsten gab es den riesigen Biergarten mit Bühne, wobei dort fast mehr Mittelaltermusik gespielt wurde als Partybands auftraten, es gab den Mittelaltermarkt mit seiner Bühne und das Wasteland mit heftiger Feuershow und eine Einkaufsmeile bzw. den Metal Markt mit seinen Special Shows. Wresting ist ja ein immer gern geführtes Argument, warum aus Wacken eine Kirmes wurde. Ganz ehrlich Leute, ich bin sei 97 Dauergast und habe noch keine einzige Wrestlingshow gesehen. Und ich habe mich nicht absichtlich davor versteckt - es hat sich einfach nicht ergeben, dass ich die Kirmes miterleben durfte.
Ansonsten war die Orga mal wieder Top, gerade wenn man bedenkt, mit welch miesen Umständen jeder, Besucher wie Veranstalter, zu kämpfen hatten. Es gab Highlights ohne Ende und das beschissenste Wetter, dass das Festival jemals hatte. Ein Festival der Extreme eben.
Dienstag, 28.07. Anreise:
Ein paar Worte zum Metal-Train aus der persönlichen Sicht:
Die Hinfahrt im Metaltrain verlief gut organisiert und reibungslos. Das Team ist ausserordentlich hilfsbereit und freundlich. Das Angebot und die Preise der Esswaren sowie der Getränke waren angemessen. Trotz eines Querulanten aus der Schweiz, welcher das Gefühl hatte auf der Gepäckablage zu schlaffen zu müssen war die Hinfahrt mit dem Metaltrain 2015 ein entspanntes Fahrvergnügen. Der einzige Wehrmutstropfen war ein Missgeschick in der Abteilreservation welches unsere Gruppe aufgesplittet hat was aber ein verzeihbarer Fehler ist.
Die Rückfahrt liess jedoch, meiner Meinung nach, vor allem beim Essensangebot zu wünschen übrig. Die Crew war jedoch gewohnt freundlich, trotz dem Umstand, dass das Schlafen in der Gepäckablage wohl Schule gemacht hat und die Stewards einige Metalheads bitten mussten von der Gepäckablage zu steigen. (Seebi)
Mittwoch, 29.07. Ankunft:
18:30 The Gentle Storm
Eigentlich gar nicht auf dem Schirm, wurden The Gentle Storm unfreiwillig die erste Band des Tages. Und dann direkt ein Griff in die Vollen, denn diese aus den Niederlanden stammende Folk/Prog Band stammt von niemand geringerem als von Anneke van Giersbergen (ex- The Gathering) und Arjen Lucassen (u.a. Ayeron). Diese verbreiteten auf dem trotz Dauerregen und schon arg vermatschtem Gelände vor der Wackinger Stage eine richtig coole Atmosphäre, die einen auch ohne Kenntnis des Liedgutes mitreißen konnte. Doch wie erwähnt, der Dauerregen drängte einen förmlich dazu, ins Zelt zu der W.E.T. Stage bzw. der Headbangerstage zu gelangen, die beide genauso groß sind und sich nur dadurch unterscheiden, dass eine links und die andere rechts steht. Dort gab es dann eine gänzlich andere Atmosphäre, von der euch Benni berichten wird.
19:10 Grailknights
Die Superhelden des Powermetals durften dieses Jahr an Wacken ihren Kampf gegen den bösen Dr. Skull auf der Headbangersstage im Zelt führen. Der Battlechoir (das Publikum) war auch zahlreich zu dieser Schlacht erschienen. Alte und neue Lieder wurden gespielt, welche zwischendurch mit theatralischen Aufführungen über ihren Kampf gegen Dr. Skull das Publikum in ihre Welt entführte. Anfangs war der Sound leider nicht der beste, dies änderte sich jedoch mit der Zeit in eine positive Richtung. Der Battlechoir hatte gut mitgemacht und somit konnte die Schlacht gewonnen werden. Gefeiert wurde das mit dem Superheromedley zum Abschluss. Für mich ein gelungener Start in dieses Festival. (Benni)
20:05 Mambo Kurt
Nach solch einem Blödsinn konnte der nächste Blödsinn auch nicht schocken. Mambo Kurt ist ja schon eine feste Institution auf dem Wacken Open Air und begeistert nach wie vor das alberne Volk. Diesmal drehte er seine Orgel um 180 Grad um zu beweisen, dass er kein DJ Pult vor sich habe und heizte schon mal in weiser Voraussicht auf den vorliegenden Abend mit "The Final Countdown" ein. Die Stimmung war klasse, das eigene Empfinden zwischen belustigt, kopfschüttelnd, faszinierend und schaudernd. Ein Festival der Extreme eben.
23:35 Europe
Zu später Stunde am Mittwochabend durften die Herren von Europe die Headbangersstage bespielen. Im Voraus habe ich mich gefragt wieso so eine bekannte Band im Zelt spielen gelassen wird? So wie es aussieht haben jedoch die Organisatoren das Besucheraufkommen richtig eingeschätzt. Das Zelt war zwar gut gefüllt, jedoch platzte es nicht aus den Nähten wie bei andern Bands. (Bei Kärbholz zum Beispiel konnte man gar nicht mehr ins Zelt hinein.) Die Band legte sich ins Zeug jedoch kam erst zu Final Countdown wirklich Stimmung ins Publikum. Dies war sogleich auch der Abschluss des Auftritts. (Benni)
1:00 Karaoke
Wie in den letzten Jahren durften auch dieses Jahr die Live Karaoke Rockstarz, unter Mithilfe der Festivalbesucher, die Zeltbühne in die Nacht verabschieden. Am Mittwoch wurde volle zwei Stunden zu Livemusik gefeiert und mitgesungen. Mal war die Performance des Kandidaten bzw. der Kandidatin gut bis sehr gut, teilweise aber auch sehr gewöhnungs- bzw. verbesserungsbedürftig. Der Stimmung tat dies keinen Abbruch. Am Donnerstag wurde das Fest schon nach einer Stunde, anstatt wie in der Running Order nach zwei Stunden, beendet. Am anwesenden Publikum oder an mangelnden Auftrittswilligen kann dies nicht gelegen haben. Wieso bleibt leider ein Geheimnis. (Benni)
Donnerstag, 30.07. "A Night To Remember":
13:00 Da Rocker & Da Waitler
Im Vorbeigehen, beim Schlendergang zur Einkaufsmeile, Sichtung der Essensstände und Kurzbesuch beim EMP Backstage Gelände und der Full:Metal:Army drangen mir die Klänge dieser österreichischen Kombo an die Ohren. Es war grauselig. Der österreichische Dialekt in Verbindung mit einer hochnäsigen Stimmlage erinnerte direkt an diesen unsäglichen Andreas Gabalier. Gänsehaut - keine freudige. Mit dem Spruch "wir brauchen das nächste Mal wieder keine Gage, aber wir sind dafür, dass das Gelände gefliest wird" sollte der Humor aktiviert werden, einige lachten sogar. Schnell weiter...
13:30 Don Gatto
Der Metal Battle Finalist aus Ungarn war wohl eine der großen Überraschungen des Festivals. Die Power mit welcher diese Band die Zeltbühne einheizte, war ein Versprechen, dass die Szene gesunden Nachwuchs hat, welcher uns noch eine lange Zeit Freude bereiten wird. (Seebi)
14:00 Blaas Of Glory
Die Wanderkapelle ist ja auch schon seit einigen Jahren in Wacken unterwegs und mit Perücken und Kostümen behangen betreibt die Truppe wohl Selbstschutz, denn wer auf Dorfwanderblasmusik Niveau den Refrain von "The Final Countdown" (schon wieder) in Dauerschleife 10 Minuten an einem Standort abzieht, der dürfte nur noch von den höchstbesoffensten oder friedliebendsten Wesen toleriert werden. Eventuell was für Leute, die sowas noch nicht gesehen haben und es 2015 originell finden (soll's ja geben), aber man kann es auch übertreiben.
15:00 Skyline
Endlich öffnete die Hauptbühne und wie immer gebührte die Ehre Skyline, der Truppe, der einst W:O:A Gründer Thomas Jensen am Bass angehörte. Ob's an der Zeitmangel lag oder an der Songauswahl, jedenfalls sah ich am Bass keinen Herrn Jensen, sondern jemand, der ihm nur ähnlich sah. Dafür aber gab es bei fast jedem Lied einen Henning Basse am Mikro (u.a. LMO, ex-Metalium) und dieser bewies mal wieder, dass er zu den besten Metal Sängern Deutschlands gehört. Egal ob Manowar "Metal Warriors" mit hohen Screams oder Metallica mit "Enter Sandman" und richtig fetter Powerstimme, das kam richtig geil an. Der Mann braucht endlich wieder eine eigene starke Kapelle hinter sich, die ihm gute Songs schneidert. Coole Aktion.
16:00 U.D.O. with Bundeswehr Musikkorps
Einerseits stellte die Kombi mit dem Bundeswehr Musikkorps ja mal etwas anderes dar, als immer "nur" mit einem typischen Klassikorchester, andererseits gefiel die vorab gehörte Promo CD, auf der ein Live Mitschnitt aus dieser Kombination vorhanden ist, nicht so richtig. Live kam das Ganze aber besser und deutlich härter rüber und bei Klassikern wie "Man & Machine" oder dem Opener "Animal House" fühlte man sich trotz leichter Verfremdung animiert mitzusingen. Sicherlich Geschmacksache, aber auch was einmaliges und originelles.
17:45 In Extremo
Doch danach kam gewohnte Kost von den vom Mittelalter zum Deutschrock mutierten Septett In Extremo. Und was für eine Spielfreude diese an den Tag legten. Sänger Michael kam mir das erste Mal auf Wacken richtig losgelöst vor und grinste und machte lustige Ansagen wie noch nie zuvor auf dem Acker. Ob's daran lag, dass man erst Wochen zuvor die eigene Feuerprobe vier Mal hintereinander vor den Onkelz mit Bravour bestanden hatte? Jedenfalls gab's eine dicke Best Of Setlist, die die Vorfreude auf's 20 jährige Jubiläum im September auf der Loreley ordentlich steigen ließ und von den Veranstaltern gab's eine Geburtstagstorte, die dann brüderlich (schwesterlich) einer Dame aus der ersten Reihe serviert wurde, um diese im Publikum zu verteilen. Nicht ohne das Michael sich selbst im Gesicht damit beschmierte. Was für ein Fest und definitiv der beste Auftritt, den In Extremo jemals auf dem Wacken boten.
19:20 Rob Zombie
Rob Zombie, der Horrormeister himself, ließ sich anscheinend von der guten Laune anstecken, marschierte dieser doch mehr als einmal hinunter zur ersten Reihe um sich dem Publikum Fannah zu zeigen. Ansonsten kam die Mischung aus Modern Metal und Industrial gut an beim Publikum, vor allem aber optisch wurde durch die Maskerade und geschminkten Musiker einiges geboten, was auf jeden Fall weniger Comicmäßig und mehr Horrorstyle hat als Lordi. Und mit "Rock, Motherfucker" -Sprechchören und dem anschließenden "Sick Bubblegum" wurde die Menge auch gut eingeheizt. Obwohl der Meister irgendwie zum Schluss nicht mehr sonderlich gut drauf war, war es eine solide Show.
21:45 Savatage & Trans Siberian Orchestra
Was aber dann folgte war einfach bombastisch und es ist äußerst schwierig, sich hier noch eine Steigerung vorzustellen. Zunächst starteten Savatage auf der Black Stage mit "Gutter Ballet" und "24 Hours Ago", bevor die alte Schiene aber schnell verlassen wurde und zur Überraschung vieler schon Songs wie "The Storm" oder "Dead Winter Dead" ausgepackt wurden.
Nach ca. 40 Minuten wurde dann das Hauptaugenmerk auf die True Stage gelenkt und das Trans Siberian Orchestra startete in sein Set, mit mehr Orchester und mehr Bombast. Und ebenfalls wurden hier Savatage Songs schnell integriert, so wie man es von der letzten Europa Tour eben auch gewohnt war. Die fein abgestimmte Hintergrundoptik mit den seitlichen Leinwänden (übrigens schon beim Savatage Gig) war ein Fest fürs Auge und wurde optimal vom Sound ergänzt.
Und dann wagte man tatsächlich den Schritt und performte Songs wie "Morphine Child", "Believe" oder "Chance" zeitgleich auf diesen beiden überdimensional großen Bühnen zeitgleich, mit integriertem Feuerwerk, Lightshow, Lasershow, Tänzern, Orchester und abwechselnden Sängern, wobei Jon Oliva die Leitung über die Black Stage inne hatte, während Al Pitrelli diese auf der True übernahm und Paul O'Neil wohl entweder feuchte Hände vor Aufregung oder feuchte Augen vor Freude bekam.
Es war in diesem Moment jedenfalls unbeschreiblich und wer sich vorher nicht selbst mit falschen Erwartungen täuschte, der wurde mit etwas wahrlich einmaligem belohnt. Unglaublich, unbeschreiblich und Over the Top. Besser konnte der Donnerstag auf Wacken nicht enden, besser wurde er nie beendet.
Freitag, 31.07. Erster vollständiger Festivaltag:
13:00 Sepultura
Am ersten offiziellen Festivaltag begeisterten dann Sepultura und stiegen direkt mit "Troops Of Doom" ins Programm ein. Aber anstatt nur auf old school zu bauen, schlichen sich auch geschickt Songs der Prä Max Ära ein, schließlich ist diese Phase auch insgesamt schon länger, auch wenn man nicht an die Qualität der Klassiker Alben anschließen kann. Live aber kein Problem, Schlagzeuger Eloy walzt alles in Grund und Boden, Kisser lebt den Metal immer noch in Rohform und Paulo am Bass sieht zwar aus wie ein harmloser Oppi, gibt aber für seine Verhältnisse immer noch alles. Und da wäre ja noch Sänger Derrick, der bei "Refuse/Resist" selbst mal zur Trommel greift, neuerdings ohne Haare auskommt und seine Brutalität dennoch versprühen kann, obwohl er sich ständig das Lachen beim Blick in die unglaubliche Menge verkneifen muss. Geiler Auftakt.
14:10 The Poodles
Im Zelt gibt's danach dickes Kontrastprogramm, denn die Glammer The Poodles wurden relativ kurzfristig verpflichtet. Das Zelt selbst ist halb gefüllt und es herrscht durchaus gute Stimmung, die von Sänger Jacob zusätzlich angeheizt wird, weil dieser ständig die vorderen Reihen besucht und abklatscht. Vom Glam ist allerdings nicht allzu viel zu bemerken, man könnte eher von melodischem Hardrock sprechen. Egal, kommt gut an.
14:15 Kvelertak
Der Auftritt von Kvelertak war leider schlecht abgemischt. Deshalb hat sich ein wahres Feeling für den Sound erst zum Schluss des Auftritts eingestellt. Schade eigentlich, denn diese Band hat meiner Meinung nach echtes Potenzial, sich in Zukunft auf den großen Bühnen des Metals zu profilieren.
Trotzallem war die Stimmung am Konzert ausgelassen und ich hoffe die Band konnte auf dem Wacken ein paar neue Fans für sich gewinnen. (Seebi)
16:00 Savatage und TSO Presse Konferenz
Tja, was sollte man von dieser Pressekonferenz erwarten? Am besten das selbe, was man von offiziellen Interview erwarten soll. Nämlich viel Gerede drum herum ohne wirkliche Aussagen. "Wird es weitere Shows geben?", "Wird es eine Tour geben?", "Kommt ein neues Savatage Album?". Egal wie die Frage um die Zukunft von Savatage lautet, von Produzent Paul O Neil gibt es immer nur eine Antwort. Sinngemäß: Wir arbeiten derzeit am neuen TSO Album, es war eine super Show gestern, wir sind froh dabei gewesen sein zu dürfen und froh, dass alles geklappt hat und Wacken uns dies ermöglichte, aber wir können und wollen nichts für die Zukunft versprechen.
Ähnliche Aussagen dann von Jon Oliva und Chris Cafferey, wobei 80% der Redezeit Paul für sich beansprucht und je nachdem, aus welchem Blickwinkel man das Ganze betrachtet, in den Gesichtern der beiden anderen schon was rein interpretieren könnte.
Es ist wie es ist, Aussagen über die Zukunft von Savatage gibt's keine, nur TSO wird ein neues Album aufnehmen und dann wohl auch touren.
16:45 Queensryche
Derweil quälen sich Queensryche auf der Bühne ab. Quälen deshalb, weil Sänger Todd zwar stimmlich immer noch wie eine Kopie von Geoff Tate klingt, aber beim Singen ein derart verzerrtes und angestrengtes Gesicht macht, dass man sich fragt, ob ihm diese Art von Gesang nicht wirklich leicht fällt.
17:50 Anaal Nathrakh
Eigentlich hätte Anaal Nathrakh zu fünft aufspielen wollen, jedoch gab es da irgendein Problem mit der norwegischen Fluggesellschaft und der zweite Gitarrist konnte nicht mit der Band auftreten. Man hoffte noch, dass er vor Ende der Show auftauchen würde, was jedoch nicht geschah. Trotzdem lieferten die Jungs ordentlichen Extreme-Metal, welcher das nicht restlos gefüllte Zelt ordentlich zum Beben brachte. Die Stimmung war sehr gut, obwohl die Wassermassen den mit Kunststoffplatten belegten Boden, stellenweise knöcheltief überschwemmten. Da die Band jedoch überzog, wurde ihr während dem letzten Stück der Vorhang vor der Bühne zugezogen. Interessanter Abschluss für dieses Konzert. (Benni)
18:00 Annihilator
Annihilator hatten definitiv schon bessere Tage. Das Jeff seine Songs singen kann weiß man eigentlich, schließlich übernahm er auch trotz Dave schon öfter das Mikro. Aber erstens sind die Einstiegssongs irgendwie total mies gewählt um Energie aufzubauen ("Suicide Society", "No Way Out", "Creepin Again"), zweitens der Sound im hinteren Teil des Party Stage Gelände mal wieder mehr als dürftig (ein ständiges Problem beim Wacken) und drittens gibt es gefühlte 3 Minuten Pausen zwischen jedem Song. Das ändert sich erst mit "King Of The Kill" und danach geht's dann endlich ab, nachdem ich fast schon weg wandern wollte. Der Rest aber wird wirklich geil und endet mit dem Hammer "Human Insecticide" Song. Mieser Beginn, gute Steigerung, super Ende.
19:40 Death Angel
Dafür legen Death Angel von Anfang an eine Geschwindigkeit und eine Power an den Tag, dass dem Zelt fast die Haube wegfliegt. Da wird gemosht, da wird gepost und gesprungen, die Leute intensivst mit Augenkontakt bedacht und zwischen den Songs viel von Zusammenhalt usw. geredet. Hier stimmt von Anfang an die Energie. Außer das man den ein paar Wochen zuvor auf dem Bang Your Head!!! gespielten Song "Thrown To The Wolves" einfach vergisst (denn Absicht kann solch ein Frevel nicht sein), alles super.
20:35 Armored Saint
Zwar hauen Armored Saint nicht ganz so viel Energie auf die Bretter, dennoch aber ist hier auch eine dicke Spielfreude am Tag, vor allem Sänger John merkt man diese an. Aber genauso merkt man auch, dass hier eine Band aus Lust und nicht aus "Muss" am Werk ist, denn es herrscht eine total relaxte Atmosphäre. John erzählt dann auch, dass er das letzte mal 2000 mit seiner Band auf Wacken und alles noch ein wenig kleiner war. Mit Songs wie "Raisin Fear" oder "Can U Deliver" werden selige Erinnerungen an damals wach, aber auch der Titelsong des neuen Albums "Win Hands Down" fügt sich super ins Set ein.
21:30 Samael
Die Schweizer Samael wollen dann eine Düster Atmosphäre herbei führen, schaffen dies aber nur bedingt. Zwar kommt fette Energie auf, wenn Keyboarder Xytraguptor den Drumcomputer an echten unterstützt oder Sänger Vorphalack mit Pferdeschwanz rumbangt, aber selbst bei "Baphomet's Throne" gibt es keine Furcht-Atmosphäre. Wahrscheinlich sind die Wackinger einfach zu gut gelaunt, dass es endlich aufgehört hat mit dem Dauerregen.
22:30 In Flames
Aber dieser Dauerregen wäre wohl bei In Flames rasch in der Luft verdampft, denn dem Namen wurden mal wieder alle Ehre gemacht. Und bei den Klassikern wie "Only For The Weak" oder "Cloud Connected" einfach nur das Riesenpublikum beobachten, wie es im Takt der Musik auf und ab springt und zur Belohnung noch ein Feuerwerk kassiert ist einfach unglaublich. In Flames sind, egal ob man viel mit der Band anfangen kann oder nicht, auf dem Wacken jedes Mal ein ganz klares Highlight.
0:00 Running Wild
Die Comeback Show von Running Wild war eines der grossen Highlights des diesjährigen Wacken Open Airs. Rock'n Rolf wusste mit viel Herzblut und Energie die Menge zu begeistern und mit einem grossen Knall auf die Bühnenbretter zurückzukehren. Grosse Freude bereitete auch die Premiere des neuen Songs: "Into The West", welcher uns gebannt auf das neue Album der Metal-Piraten harren lässt. Die Bühnenpräsenz der Band war ausgezeichnet, böse Zungen könnten jedoch anmerken, dass eine Band die praktisch nur Klassiker im Repertoire hat, diese nicht jedes Mal als Klassiker ankündigen muss.
Der Auftritt "Under Jolly Roger" hätte nur besser sein können wenn der Sound im hinteren Teil des Infields lauter gewesen wäre, die Band auf das Drum Solo verzichtet hätte (Sorry Schlagzeuger dieser Welt, aber ich brauch das nicht) und wenn es doppelt so lang gedauert hätte. (Seebi)
1:45 The BossHoss
Zum Abschluss dann etwas zwiespältiges, denn die Frage, ob eine "Nicht-Heavy-Metal-Band" eine Hauptbühne entern darf fällt wohl jedes Mal. Auf jeden Fall kommen die Cowboys besser rüber wie erwartet, denn es macht den Anschein, als ob doch ein paar der Westerngitarren an einen Verzerrer angestöpselt wurden, denn irgendwie kommt das Ganze nicht unrockig rüber. Ohne Vorkenntnisse und Vorurteile würde man hier eine Hardrock Band mit Western Einflüssen auf der Bühne vermuten. Also eigentlich umsonst die Aufregung. Die ist am nächsten Tag bei Santiano eher angebracht. DAS hat definitiv nix auf der Hauptbühne zu suchen.
Samstag, 01.08. Zweiter vollständiger Festivaltag:
13:15 Powerwolf
Bei einigen Bands macht es halt doch einen Unterschied, ob diese zur dunkeln Tageszeit oder noch im Hellen spielen müssen. Denn auch wenn sich Powerwolf selbst nicht ganz ernst nehmen, die leichte Gruselatmosphäre kann vielleicht auch genau deswegen bei Tageslicht nicht richtig beschworen werden. Und trotz Nummer 1 mit dem mittlerweilen vorletzten Album reicht es nur für Mittags. Aber was heißt nur, wir sprechen hier über die Hauptbühne von Wacken und richtig dick gefüllt ist es um diese Uhrzeit auch. Die Fans haben Spaß, Powerwolf ziehen ihr routiniertes Set durch und präsentieren auch Songs ihres neuen Albums.
13:35 Avatar
Obwohl ich sehr gespannt war, wie Avatar live rüberkommen hätte ich das nicht gedacht. Die Band spielte so arschtight, so brachial und dennoch so glasklar, dass von der ersten Sekunde an die beste Stimmung im Zelt herrschte, die ich das ganze Wochenende erleben durfte. Da wurde synchron gebangt, Sänger Johannes spielte gekonnt den Psycho mit diabolischem Grinsen und die Lieder mit ihrem durchaus interessanten Stilwechsel konnten jederzeit überzeugen. Wenn ich allein an den Opener "Hail The Apokalypse" denke, würde ich am liebsten sofort die Zeitmaschine starten. Eines der besten Konzerte auf dem Acker. Hammerband.
14:30 Amorphis
Amorphis zockten dann ihr "Tales From The 1000 Lakes" Album wie angekündigt in voller Länge durch und dieses ist ja durchaus komplett anhörbar und mit einigen Hits gespickt. Nehmen wir nur mal den bekanntesten "Black Winter Day", der dann auch passend bei glühender Sonne gezockt wurde. War ja klar, ein Festival der Extreme. Es gibt keine Normaltemperatur, entweder brutzelt die Sonne, dass man Angst vor einem Brandy hat, es ist Arschkalt wie Freitag Nacht, dass man Angst hat die Pfützen gefrieren oder es gibt Dauerregen. Normal is nich.
16:00 Danko Jones
Mr. Jones lieferte dann wie gewohnt auch ein wenig Comedy neben seinem Set, wobei er mir auch schon mal schlagfertiger vorkam. Ich schätze einfach, die schiere Größe ist dort oben nicht so einfach zu verdauen und da eben nicht alle Gags zündeten, hätte er sich vielleicht auf weniger beschränken sollen und stattdessen entweder noch ein Lied mehr zocken, oder sein Schlussmantra "This Heart gets stronger, this skin gets thicker, this mouth gets longer" etwas ausbauen sollen, denn dies kann durchaus mitreißend sein, nicht aber bei nur 3 oder 4 Wiederholungen. Nicht schlecht, gab's aber auch schon besser.
17:30 Rock Meets Classic
Dafür konnte das Großprojekt von Mat Sinner dann nahtlos überzeugen. Denn dem Namen nach vermutete man eher mehr Klassik und etwas lahmen Rock, aber weit gefehlt. Ein Herr Kiske performte nicht nur gängiges wie "I Want Out" sondern grub "The Kids Of The Centurie" aus, was nun wirklich nicht zu erwarten war. Doch wer dachte, das wäre schon ein dickes Highlight, rechnete, wie auch ich, nicht mit einem noch größeren. Auf dem Plakat schon als gezeichnete Figur vermutet, kam dann wirklich Dee Snider und sang die unsterblichen "We're Not Gonna Take It" und "I Wanna Rock" mit unglaublicher Bühnenpräsenz und lustigen und mitreißenden Ansagen. Ein Entertainer vor dem Herrn und manchmal beschleicht mich das Gefühl, dass dieser Mensch noch besser rüber kommt, wenn er ohne seine Hausband Twisted Sister auf der Bühne steht. Das war ein Fest für alle Anwesenden.
19:50 Morgoth
Ja, Morgoth funktionieren durchaus mit Jagger am Mikro, auch wenn natürlich kleine Umgewöhnungen nötig sind. Dennoch aber kommt er einem Mark Grewe an den Vocals erstaunlich nahe, ohne aber zu kopieren. So kamen die Songs auch gut rüber und Ansagen wie "Der Matsch verbindet uns" verklungen auch nicht ungehört. Was der Gute aber vorher mit seinen Haaren angestellt hatte und diese mit Matsch eingerieben hatte, konnte man bei dem Licht nicht erkennen. Es hatte aber was uriges und passte wunderbar zu seinem Röchelgesang.
20:30 Cannibal Corpse
Wieder einmal durften die Death-Metal Legenden die Äcker von Wacken bespielen. Dieses Mal wurde der Band die Party Stage anvertraut. Das Volk war gekommen, doch aus bodenzustandstechnischen Gründen, etwas verteilt vor der Bühne anwesend. Riesen Wasserlachen prägten den Boden vor der Bühne. Zeitgleich spielten Sabaton auf der Hauptbühne, von welchen man teilweise mitbeschallt wurde. Dies könnte auch am von uns ausgewählten Standort gelegen haben. Der Auftritt war solide, jedoch wandte sich Corpsegrinder nicht so oft wie gewohnt an das Publikum. Auch hätte die Lautstärke etwas mehr sein dürfen. Könnte am Wetter gelegen haben, aber irgendwie habe ich mir von diesem Auftritt mehr erhofft. (Benni)
20:30 Sabaton
Nicht umsonst füllt die Band aus Schweden immer größere Locations. Ihre Publikumsnähe ist beispielhaft und sie verstehen es immer wieder ihre Fans mitzureißen. Auch ihre Show auf Wacken 2015 war in dieser Hinsicht ein Fest, an dem sich so manche Band ein Beispiel nehmen sollte. Nicht umsonst wird die Crew um Joakim Brodén bereits als die Band gehandelt, welche einen der großen Namen ablösen wird. Wie gewohnt lieferte die Band nicht nur eine großartige Performance, sondern zeigte auch ihren Sinn für Humor. Außerdem hat Sabaton, seit dem letzten von mir besuchten Auftritt, ihre Bühnen Show mächtig verbessert. Wenn zwei riesige Panzerattrappen Pyros Richtung Publikum feuern ist das schon ganz großes Kino.
In diesem Sinne NOCH EIN BIER! (Seebi)
22:15 Judas Priest
Der Auftritt der Metalgötter war ein reines Vergnügen. Nicht nur das die Band rund um Rob Halford eine tolle Performance ablieferte, nein auch Rob Halford selbst scheint auf einem Hoch zu sein. Im Vergleich zu seiner Performance von 2012, welche schon große Klasse war, konnte er dieses Jahr noch einmal eine Schippe drauflegen und seinen Jüngern beweisen, dass er noch immer einen Platz im Olymp verdient hat. (Seebi)
Ebenfalls aufgefallen, neben der wirklich erstklassigen Gesangleistung von Halfrod (und auch dessen Bewegungsradius ohne Stock), war, dass Neuzugang Richie Faulkner nicht nur richtig in die Band integriert zu sein scheint, sondern auch oft mit seiner Gitarre (und einem Solo) im Vordergrund steht. Hier fällt überhaupt nicht mehr auf, dass es sich um einen "Neuen" im Bandgefüge handelt.
1:45 Subway To Sally
Als typischer Schlussakt sorgten Subway dann nochmal für eine letzte Stimmung, nachdem sich die beiden Veranstalter vom Publikum verabschiedet hatten. Doch wie schon auf dem Out & Loud Festival kamen einige Songs, unter anderem der "Veitstanz", in leicht abgeänderter, irgendwie elektronischer Form rüber. Dort zwar ganz schlimm, weil die Handbremse nicht gelöst war, auf Wacken weniger schlimm, aber immer noch seltsam und für meinen Geschmack nicht besser wie das Original. Teilweise geht wirklich die ursprüngliche Stimmung flöten. Hoffen wir, dass die Band merkt, dass dieses Experiment nicht so toll war. Ein Gutes wäre es aber mal, die gute Julia und ihre Räuber zu Hause zu lassen, denn das kommt nach so vielen Jahren wirklich nur noch gequält rüber und wer die Rosa Brille absetzt und nicht vollends voll war, der merkte, dass hier nur gespielter Spaß im Vordergrund stand. Also ein gutes Konzert mit einigen Mängeln.
Fazit:
Ein Wacken mit extrem krassen musikalischen Highlights und Überraschungen, extremen Wetterbedingungen, die dennoch von Fans wie Veranstalter irgendwie ertragen bzw. gehändelt wurden und erneut meldete die Wacken Page nach nicht mal 24Std. Ausverkauf für 2016. Warum auch nicht, schließlich bekommt man dort die volle Metalbreitseite geboten und viel Gegenwert für sein Geld. Der Underground hat seine Berechtigung und Unterstützung verdient, das Wacken hat ebenfalls seine Berechtigung und nach meinem Empfinden kann auch beides gut parallel existieren, ohne jemand anderem vorschreiben zu müssen, was er nun gut finden darf oder was besser ist.
Wir sehen uns in 2016, hoffentlich mehr Shine als Rain.
Auf dem Wacken quatschten, matschten und moshten für euch Röbin, Benni und Seebi. Vielen dank an die beiden Gastschreiber.
(Röbin)