Gamma Ray, Freedom Call (Langen 2010)
Gamma Ray, Freedom Call
22.3.10 - Langen, Stadthalle
Ob es an der Konzertverschiebung auf einen Montag lag, an der Wirtschaftslage oder an den omnipräsenten Freedom Call: Fakt ist, daß die Langener Stadthalle am heutigen Abend eher spärlich gefüllt war. Von der begeisterten Masse der letzten Touren waren nicht sehr viele übriggeblieben, um sich heute die deutsche Metallegende einzufahren. Im Vorfeld mußte ich eine Portion Enttäuschung verdauen, als ich erfuhr, daß Secret Sphere heute nicht mehr dabeiwaren – ich hatte mich ziemlich auf die Italiener gefreut, konnten sie mich vor vier Jahren als Support für King Diamond doch reichlich überzeugen. Somit waren Freedom Call heute als erste Band dran und starteten pünktlich um 20.00 Uhr.
Freedom Call
Vorneweg: Der größte Fan der Franken war ich nie. Auf Platte gebe ich mir ihren Happy Metal ja gerne mal, live gingen sie mir mit ihrer allzu kantenlosen, schlumpfig-harmlosen Art immer ziemlich auf den Sack. Aufgrund des Secret Sphere-Ausfalls hatten sie heute auch gleich eine volle Stunde Zeit dafür. Technisch gab es nichts zu meckern, Neuzugang Klaus Sperling trommelte solide und souverän, auch der Rest der Band gab sich keine Blöße, wenn nur diese erwähnte plüschige Ausstrahlung nicht wäre. Freedom Call – die Metalvariante von „Spaß am Dienstag“? Irgendwie schon, auch wenn sie mir heute zugegebenermaßen besser gefielen als bei bisherigen Livebegegnungen der dritten Art. Die Setlist war ok; ein standesgemäßer Einstieg mit „We are one“ und eine ausgewogene Mischung der bereits sechs Alben hinterher. Daß allerdings infantile Nummern wie „Warriors“, „Mr. Evil“ oder „Land of light“ auch durch die zigste Darbietung nicht besser werden, wertete den Gig nicht gerade auf, da haben Freedom Call deutlich bessere Songs im Repertoire. Ein guter Teil des Publikums zeigte sich aber durchaus angetan von der Plüschdosis aus Franken, was dafür spricht, daß Freedom Call mittlerweile eine feste Fanschar hinter sich wissen. Und damit komme ich zu meiner abschließenden Forderung an die Band: Traut euch nach sechs Alben endlich auf Headlinertour und gurkt nicht immer bei allen möglichen Bands, die ich sehen möchte, im Vorprogramm rum. Ihr habt euch genügend aufgebaut, um auf eigenen Füßen stehen zu können, alles Gute, so bald sehen wir uns hoffentlich nicht wieder. Mit der Bandhymne „Freedom Call“ ging dann eine verdammt lange Stunde zu Ende.
Gamma Ray
Das Publikum war zahlenmäßig eher schwach besetzt, dafür umso mehr in Feierlaune, als das Intro erklang und Meister Hansen samt Anhang die Bühne betrat. Gamma Ray sind eine Institution, keine Frage. Ich weiß nicht, wie oft ich sie schon gesehen habe, aber langweilig werden sie nicht, auch wenn die Setlist heute nicht die überraschendste war. „Gardens of the sinner“ und „New world order“ bildeten die Vorhut, weitgehend konzentrierte man sich auf das Material ab „Powerplant“. Da Gamma Ray noch kein wirklich schwaches Album veröffentlicht haben – auch das strauchelnde „Land of the free II“ übersteigt meines Erachtens noch Durchschnittsniveau - konnte man bedenkenlos abbangen zu dem, was geboten wurde; u.a. „Armageddon“, „Fight“, „Send me a sign“ und natürlich einige Songs des starken neuen Albums, welche sich ebenfalls großer Beliebtheit erfreuten. Ganz altes Material aus der Scheepers-Ära blieb außen vor, dafür gab’s einen dreifachen Ausflug zum „Land of the free“-Klassiker („Man on a mission“, „Abyss of the void“ und das unvermeidliche „Rebellion in dreamland“) und mit „I want out“ doch auch nochmal einen alten Helloween-Schinken. Genug Titel aufgezählt, Gamma Ray waren einfach mal wieder geil. Eine routinierte und doch nie langweilige Performance, viel Spielfreude und technisch über jeden Zweifel erhabene Musiker. Wobei ich hier Aushilfsgitarrist Kasperi Heikkinen, welcher den verletzungsbedingt pausierenden Henjo Richter ersetzte, hervorheben möchte. Alder, was der Mann aus den Saiten zauberte, hätte auch einem Viktor Smolski oder Timo Tolkki die Schamesröte ins Gesicht getrieben, einen besseren Gitarristen hatten die Hanseaten sicherlich nie in ihren Reihen. Alles in allem hatte sich das Erscheinen mal wieder gelohnt, und ich werde auch auf künftigen Gamma Ray-Touren wieder dabeisein. Die eine oder andere Änderung in der Setlist wäre aber trotzdem erfrischend – mal wieder ein paar vergessene Nummern auszugraben, wäre schon schick. Bis zum nächsten Mal, liebe Rays, möge der Hamburger Metal auch künftig reichlich fließen.
Bericht & Fotos: Till