Emilie Autumn (Frankfurt 2012)
Emilie Autumn
27.3.12 - Frankfurt, Batschkapp
Das viktorindustrielle Zeitalter war angebrochen in der Batschkapp – Emilie Autumn und ihre Bloody Crumpets hatten sich einmal mehr angesagt, Frankfurt den Marsch zu blasen. Während der Chronist bislang noch über keine dergestaltige Liveerfahrung verfügte, kam der Großteil des Publikums da deutlich besser vorbereitet an. Gothic-Lolita-Look überall, Streifen, Korsetts, die spärlicher vertretene Herrenfraktion in dezentem Schwarz. Dazwischen der eine oder andere geifernde Metaller und neugierige Normalo. Während vor ein paar Jahren derartige Festivitäten noch im Nachtleben zelebriert wurden, war die Batschkapp heute zu geschätzt 75% gefüllt. Die Bühnendekoration erinnerte mit Gittern an ein Gefängnis – willkommen im allseits beliebten Irrenhaus der Emilie Autumn.
Um 20.00 ging der Spuk los; man erlaubte sich ein zehnminütiges Intro, dann erklommen Frau Autumn und ihre drei Gespielinnen die Bühne. Opener war „Best safety lies in fear“, weiter ging’s mit „4 o‘clock”, dann verläßt mich mein genaues Erinnerungsvermögen an die Setlist. Unter anderem gab es noch „Time for tea“, „Liar“, „The rat game“, „The art of suicide“, “We want them young” und noch eine Menge mehr. Aber die optische Darbietung überstrahlte alles, denn auch wenn Emilie Autumns Musik durchaus schätzenswert ist, spielt sie live doch klar die zweite Geige. Ob die Fesselung der irre gewordenen Sängerin, die allseits bekannte schräge Teezeremonie (wäre vielleicht auch mal was für eine King Diamond-Show?) oder jede Menge nicht minder schräge Tanzeinlagen, Emilie Autumn live ist sehenswert. Weil die Umsetzung der manischen Texte auf der Bühne gelingt und die Stücke trotz heilloser Überfrachtung nicht erdrückt werden. Da macht es auch nichts, wenn auch mal längere musiklose Phasen verstreichen, in welchen ausgiebig mit dem Publikum gespielt wird. Es gehört zur Show und macht Laune. Ich habe mich jedenfalls sehr gut unterhalten gefühlt, und die zahlreich erschienenen Muffins und Plague Rats strahlten sowieso vor Begeisterung. Nicht wenige der letzteren, Emilies ergebensten Fans, verglichen die Show anschließend mit den anderen Liveerlebnissen der Tour – man ist treu und reist dem Idol, in dessen Musik und Texten man sich so gut wiederfindet, gerne hinterher, um seine allabendliche Dosis Tee zu bekommen.
Mit „One foot in front of the other“ ging das Spektakel zu Ende, ohne Zugaben läßt Emilie Autumn ihre Fans jedoch nicht ziehen. „Mad girl“ und „Thank god I’m pretty“ beendeten den Abend und machten eine 90minütige Spielzeit voll, an deren Ende allseits Zufriedenheit zu sehen war. Oder beinahe, denn der Merchandisestand wurde anschließend noch lange heftig umkämpft. Auch wenn ich hier nicht den Geldbeutel zückte (und eines meiner Lieblingsstücke, „Dead is the new alive“ vermißt hatte), bin ich aber auf der nächsten Tour sehr gerne wieder dabei. Bis zur Plague Rat habe ich wohl noch ein ganzes Stück Autumn-Karriere vor mir, aber als Muffin darf ich mich nunmehr bezeichnen – und das mit Stolz.
Bericht und Fotos. Till