Der weiße Hai in Venedig

(3 - L Films)

Was so ein richtiger Trash-Fan ist, dem dürfte das Herz aufgehen, sobald er von diesem abgefahrenen Titel hört. Haie in den Kanälen der Lagunenstadt? Warum zum Teufel kommt erst jetzt jemand auf diese Idee?! Ein Blick auf den Cast lässt zudem auf einen Bierseeligen spekulieren, wird die Hauptfigur doch von Stephen Baldwin verkörpert, der zumindest über die nötige Genre-Erfahrung verfügt, und taucht in den Credits die Figur des venezianischen Captain Bonasera auf. Wie ernst kann sich dieses Machwerk also schon nehmen? Viel zu ernst, auch wenn gewisse Goodies wie etwa die Rückenflossenkamera ein dezentes Augenzwinkern erahnen lassen. Alles in Allem jedoch fehlen sowohl jegliche Anzeichen für eine gesunde Selbstironie sowie die bei diesem Titel eigentlich zum Pflichtprogramm gehörenden Übertreibungen. Somit erweist sich dieser Streifen, dessen Titel und Cover ein hanebüchenes Trash-Feuerwerk zu versprechen scheinen, als plumpe Mixtur aus Jaws und Indy, bei dem sich zu allem Überfluss die bissfreudigen Titelhelden als schnödes Beiwerk mit minimaler Screentime, die dazu noch unterirdisch umgesetzt wurde, erweisen.Denn im Grunde dreht sich die Geschichte um einen uralten Schatz, der in den Fluten Venedigs verborgen ist und den ein Mafiaboss zu heben gedenkt. Mr. Baldwin kommt ins Spiel, nachdem sein Vater bei eben diesem Vorhaben ums Leben kam. Selbstverständlich verirrt sich der Indiana, ähm, David - so der Name von Baldwins Figur - auf Anhieb in die ach so verborgene Grotte, woraufhin er mittels Entführung seiner Holden zum erneuten Tauchgang erpresst wird. Was das Ganz mit Haien zu tun hat? Nun, der pfiffige Mafiaboss züchtet die Tierchen und setzt sie vor seiner Haustür aus, auf dass sie mögliche Nebenbuhler um das Gold aus dem Weg räumen. Wie er dabei dafür sorge trägt, dass die eigene Mannschaft nicht ebenfalls zu Fischfutter wird, auf diese Information muss der Zuschauer leider verzichten, aber das wäre vermutlich ohnehin zu kompliziert für das doofe Publikum. Ähnlich verhält

es sich mit Fragen wie: Wie bekommen die Taucher unter Wasser diese glasklare Aussprache hin? Warum ballern die Gangster wie die Bekloppten auf David, wo sie ihn doch eigentlich entführen sollen? Oder warum geben David und seine Freundin einem Händler Geld für einen blauen Schal, den

die Gute schon vorher trug? In aller Regel würde man derartig Filmpannen ja nur allzu gern goutieren, in dem sichren Wissen, dass man schon bald durch witzig oder wenigstens krude Gags und Splattereien entschädigt wird. Hier jedoch ist es mit der Belohnung nicht weit her. Die vermeintlichen Hai-Lights des Films erweisen sich allesamt als peinliche Stock Footages - zumeist noch aus qualitativ völlig unpassenden Dokus zusammengeklaut - oder als grottuide PC-Effekte.

Dem gegenüber steht eine Hai-Attacke, die etwas realistischer anmutet, dafür aber auch derart wirr inszeniert ist, dass der Zuschauer keinerlei Chance hat, den Ablauf überhaupt zu registrieren.

Sharks in Venice - wie einer der zahlreichen Alternativtitel immerhin numerus-technisch korrekt lautet (Ein weiterer, "Das Meer ist nicht genug" wandelt ziemlich genau auf der Rasierklinge zwischen Augenzwinkern und Peinlichkeit!) - präsentiert letztlich Versagen auf ganzer Linie, ohne

dass alles so richtig schlecht, oder dass einzelnes wirklich (oder auch nur annähernd) gut wäre. Und so stellt sich während des Abspanns zwar nicht zwingend das Gefühl ein, wertvolle Lebenszeit den Gulli runter gespült zu haben, doch fragt man sich unwillkürlich, wer so einen Quatsch

eigentlich produziert.

Zur deutschen DVD gibt es nicht viel zu sagen, Bild und Ton sind akzeptabel, das Bonusmaterial beschränkt sich auf den Trailer und eine Trailershow. Hai-Komplettisten und hartgesottenste Trash-Fans können hier einen Blick riskieren, Zuschauer mit einem etwas anspruchsvolleren

Geschmack sollten sich an Land retten.

(mosher)