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Miss Jonas Double Feature: Der Teufel in Miss Jonas / Was geschah wirklich mit Miss Jonas?Miss Jonas Double Feature: Der Teufel in Miss Jonas / Was geschah wirklich mit Miss Jonas?
(Ascot Elite)

 

Gemeinsam mit Filmen wie Deep Throat gilt der 1973 entstandene The Devil in Miss Jones bis heute als einer der ganz großen Klassiker des Arthouse-Pornos. Der findige Filmemacher Erwin C. Dietrich roch bereits unmittelbar nach dem Kinostart Lunte und produzierte im Folgejahr prompt ein vermeintliches Remake für die deutschsprachigen Bahnhofskinos. Dieses bringt Ascot Elite nun gemeinsam mit seinem Sequel als Double Feature auf den Markt.


Der Teufel in Miss Jonas nimmt Teile der Handlung des US-Vorbilds auf, war sich seinerzeit aber auch nicht zu schade, sich selbst als einen „Film der Exorzisten-Welle“ anzupreisen. Der Bezug zu William Friedkins Meisterwerk ist freilich ebenso abstrus wie die ganze Story, die mit der Eröffnungssequenz prinzipiell abgehandelt ist: Miss Jonas wird von einem Foltertribunal, das einer Corman’schen Poe-Verfilmung entsprungen sein könnte, für ihre nymphomanischen Ausschweifungen zum Tode verurteilt und hingerichtet. Ihre Fahrt zur Hölle wird allerdings jäh unterbrochen, als dem Teufel höchstpersönlich beim Erledigen des notwendigen Papierkrams ein kleiner, aber folgenschwerer Formfehler auffällt. Miss Jonas wird nämlich einen Tag zu früh bei ihm vorstellig und daher kurzerhand ins Diesseits zurückbeordert. Die wiedergewonnene Lebenszeit verbringt die Gute – wen wundert’s – nun in den Armen beziehungsweise zwischen den Beinen ihrer bevorzugten Liebhaber.


Im Vergleich zu zeitgenössischen Genre-Filmen bietet Der Teufel in Miss Jonas neben mitunter geradezu erotischen Sexszenen eine unfassbar amüsante Selbstironie. Dem Publikum einen Herbert Fux mit seiner Physiognomie als Höllenfürsten zu verkaufen kann dieses selbst in den frühen Siebzigern kaum für voll genommen haben. Die Dialoge hingegen verbreiten einen himmelschreienden Unfug mit derartiger Ernsthaftigkeit, dass einem nichts weiter übrig bleibt, als den Hut vor diesem verrückten Herrn Dietrich zu ziehen. „Ich habe verhinderten Männern Glück und Liebe gegeben. Jeder Mensch hat das Recht, körperlich glücklich zu sein. Da reden sie alle dauernd von Grundrechten und dann vergessen sie das Recht auf den Sex. Die Sexualität ist unsere irdische Erfüllung und die Befreiung von auferlegtem Zwang. Niemand, auch der Teufel nicht, hat das Recht, in die sexuelle Freiheit eines Mädchens einzugreifen.“
Große Worte, todernst ausgesprochen und doch nur eines von unzähligen Zitaten für die Ewigkeit. Zwischen Lederhose und Frauengefängnis nimmt sich der hiesige Sexfilm also von Zeit zu Zeit auch mal der höheren Philosophie an.
Wer weder derartigem Tiefgang, noch der mit ihm einhergehenden Quasi-Satire etwas abgewinnen kann und einzig auf bloße Stimulanz aus ist, mag sich an der Tatsache stören, dass neben Miss Jonas nur eine weitere weibliche Rolle von den vielen haarigen und wenig wohlgeformten Männerhintern ablenkt. Doch selbst die Handwerkerfraktion wird eingestehen müssen, dass es hier mit Marianne Dupont und vor allem mit Hauptdarstellerin Christa Free ordentlich was auf die Augen gibt.


Beide sind dann erfreulicherweise auch im zweiten Teil, welcher der Frage nachgeht Was geschah wirklich mit Miss Jonas? (und der ebenfalls als Soft-Sex-Remake zu einem Porno, in diesem Fall Was geschah wirklich Miss September?, angelegt wurde) zu sehen, diesmal unterstützt von weiteren Geschlechtsgenossinnen. Dieser Umstand passt zum gegenüber dem ersten Teil weitaus spekulativeren Fleischbeschau-Charakter des Films. Während Der Teufel in Miss Jonas tatsächlich auch inhaltlich, also visuell, mit der Genre-Bezeichnung „Erotik“ in Kontakt gerät, reiht sich das Sequel eher in die Schlange europäischer Nacktparaden ein, die heutzutage ob ihrer Belanglosigkeit einen gewissen Kultstatus erlangt haben. Dabei schickt das Drehheft in einer fast schon als ambitioniert zu bezeichnenden Manier statt etwa einer Handvoll Schwedinnen auf eine Alm  einen Privatdetektiv auf die Suche nach Miss Jonas alias Miss Free, die sich hier mehr oder weniger selbst spielt und ihren Aufstieg zum Adult-Entertainment-Sternchen in Teil 1 mit ganz viel Augenzwinkern nachzeichnet. Von derart vielen Sympathiepunkten kann der schmierige Schnüffler nur träumen, der sich im Laufe des Films durch sämtliche Zeuginnen-Betten interviewt. Doch so ist es eben, das Leben im Milieu, und die knallharte Detektivgeschichte wird löblicherweise ein ums andere Mal durch angenehm verschrobene Situationen aufgelockert, die gelegentlich – wenn auch ungewollt – die Klasse früher Helge Schneider-Filme erreichen. Wenn ein Hippie-Künstler in seinem Bohème-Atelier eine nackte Frau mit Gemüse bewirft, bringt sich der Film dann auch selbst gewissermaßen auf den Punkt und lebt die Karikatur dessen, was bei uns 1974 so alles unter Erotik lief. Bei all dem Wahnsinn verliert Was geschah wirklich mit Miss Jonas? seine Kernkompetenz zu keiner Zeit aus den Augen und eignet sich auch wunderbar zum Möpsegucken in seiner Reinform. Betrachtet man ihn aber in Kombination mit seinem Prequel, so artet dieses Double Feature beinahe zu einem regelrechten Happening aus.


Die DVD weist ein bemerkenswert verbessertes Bild auf, wovon man sich mittels eines Restaurationsvergleiches eindrucksvoll überzeugen kann. Der Ton liegt in deutschem wie französischem Stereo vor, wahlweise mit englischen Untertiteln. Das großartige Gesamtpaket erhält jedoch auch Abzüge in der B-Note, da das ausgesprochen interessante Feature „Der teuflische Mister Fux“ ebenso wie Interviews, die auf früheren Veröffentlichungen zu finden waren, leider fehlt.

 

(mosher)


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