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Wayne Johnson - Das rote Kanu

Wayne Johnson - Das rote Kanu

(Polar Verlag)

 

- anspruchsvolles, emotionales und vielschichtiges Sozialdrama, das zum Thriller metamorphosiert -

 

Shakopee, Minnesota, Anfang Winter. Der Indigene Bootsbauer und Zimmermann Michael "Buck" Fineday zieht Ärger und kaputte Typen an, wie die Scheiße Fliegen. Das Leben, das er führt, hat seine Frau Naomi Louise Weston sowas von satt, dass sie prompt die Scheidung einreicht. Auch Buck selbst ist des Lebens überdrüssig. Am liebsten würde er es auf der Stelle beenden. Doch der Himmel behält ihm eine Aufgabe vor. Die knapp 15 Jahre junge Halbwaise Lucy Walters kommt zu ihm in die Werkstatt. Dass sich jemand auf perverse Weise an ihr vergriffen haben muss, ist für Buck unübersehbar. So, wie auch ihre tiefsitzende Scham. Er bietet dem ebenfalls nativen Mädchen an, ihr den Bootsbau beizubringen und will gleichzeitig herausfinden, wer dem Mädchen diese Unsäglichkeiten angetan hat.

 

Ein anspruchsvolles, emotionales und vielschichtiges Sozialdrama stellt uns der Polar Verlag, mit "Das rote Kanu", von Wayne Johnson vor. Der US-Amerikaner indianischer und europäischer Abstammung, wuchs auf der Südseite von Minneapolis und in der nördlichen Seenregion von Minnesota, in den Reservaten White Earth und Red Lake auf. Er weiß also, wovon er schreibt, wenn es um die Probleme und inneren Kämpfe indigener Amerikaner, in und außerhalb der Reservate geht. Doch in dem 2022, im Original unter dem Titel "The Red Canoe" erschienenen, tiefgründigen Sozialdrama mit Thriller-Elementen, bekommt Buck die Probleme an sich herangetragen und wird dadurch über kurz oder lang zum Handeln gezwungen. Ein Handeln, durch das nicht zuletzt sein eigenes Leben vollkommen aus den Fugen gerät. Intrigen werden gesponnen, Anschläge verübt, es wird regelrecht Jagd auf die Protagonisten gemacht, denn ihre Gegner sind mächtig und fahren richtig große Geschütze auf.

 

Lucy, die gemeinsam mit ihrem Vater, dem örtlichen Polizisten Lee Walters, in einem Trailer in unmittelbarer Nähe zum Shakopee Mdewakanton Sioux Community Reservat wohnt, lebt ein trostloses Leben. Hineingeboren in eine kaputte Welt, aufgewachsen in einem Milieu voller Missbrauch und Gewalt, schenkt ihr lediglich ihre unbeschwerte und drogenverstrahlte Freundin Jean eintausend Lichtblicke am Tag. Das Verhältnis der beiden Mädchen ist wirklich rührend und einfühlsam verfasst. Außerdem spendet ihr die freundschaftliche Beziehung zu Buck, welche aufgrund ihrer beider Ojibwe-Zugehörigkeit eine tiefgehende Verbundenheit ausstrahlt, sowie zu ihren Schulkameraden Booker und Ryan, Trost in diesen schweren Zeiten. Aufgrund langjähriger sexueller Übergriffe und Drohungen leidet Lucy unter einer dissoziativen Persönlichkeitsstörung. Sie wird häufig von Suizidgedanken geplagt. Ihr ganzes Leben ist eine lose Aneinanderreihung von Katastrophen. Lucy und ihr Vater Lee, der nach diversen Kriegseinsätzen an einer Posttraumatischen Belastungsstörung leidet, lieben einander zwar, können sich jedoch gegenseitig nicht offenbaren. Und so bleiben Geschehnisse, Intrigen, Kausalitäten und Gefühle viel zu lange im Verborgenen. Und als Lucys Freundin Jean ein unverzeihliches Fiasko widerfährt, wird die sich gewahr, dass auch ihre beste Freundin das Schicksal einer Meute voller Perverser teilt. Buck versucht nach wie vor Lucy und ihren Freunden zu helfen, was auch ihn in tödliche Gefahr bringt. Aber Buck, Lucy, Booker und Ryan sind durchaus wehrhaft. Und mit einem Mal überschlagen sich die Ereignisse, was sämtliche Akteure zum Handeln zwingt.

 

Die Taten werden zwar nicht explizit beschrieben, aber Lucys innere Zerrissenheit und die damit einhergehenden psychischen Probleme, die ihr aufgebürdet werden, sind schon verdammt harter Tobak. Das Ganze ist aufgrund der eigens angeregten Fantasie seelisch schwer zu reflektieren und zu ertragen. Man kann sich gut in die Protagonisten hineindenken, in ihre Gefühle, ihr Denken, ihr Handeln. Wayne Johnson färbt seine Charaktere geradezu gefühlvoll ein und nutzt eine zeitweise stakkatohaft straighte, oftmals gedankenüberlagerte Schreibe, die stellenweise etwas holprig ist und schon mal für Verwirrung sorgen kann, aber zu keinem Zeitpunkt verkopft rüberkommt. Der Autor, der heute in Utah lebt, baut sein Storyboard subtil und immer bedrohlicher auf, hält alles etwas vage, rückt nicht sofort mit der Sprache raus und erzeugt dadurch ein geheimnisvoll beklemmendes Flair. Wayne Johnson führt seine Akteure ganz allmählich ein, stärkt so die Bindung zum Leser und setzt erst relativ spät auf Spannung und Action. "Das rote Kanu", welches mit 396 Seiten zu Buche schlägt, ist eine, rasant vom Sozialdrama zum Thriller metamorphosierende Lektüre mit Nachklang.

 

(Janko)

 

https://www.waynejohnsonauthor.com

 

Wayne Johnson - Das rote Kanu

Polar Verlag

Kriminalroman

ISBN: 978-3-910918-02-3

396 Seiten

Gebundene Ausgabe

Originaltitel: The Red Canoe (2022)

Aus dem amerikanischen Englisch von Karen Witthuhn

Erscheinungstermin: 01.07.2024

EUR 26,00 Euro [DE] inkl. MwSt.

 

"Das rote Kanu" beim Polar Verlag: https://polar-verlag.de/produkt/wayne-johnson-das-rote-kanu/


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